670 III. 8. Der Zollkrieg und die ersten Zollvereine. ist wichtiger als der auswärtige Handel, jener schlägt dreimal, dieser ein— mal im Jahre das Capital um. Manche deutsche Staaten erhalten durch das Handelssystem einen zwanzig- bis zweihundertmal größeren Markt für ihre Produkte. Dazu kommen zweitens die finanziellen Vortheile. Der Satz: „je billiger die Abgabe, desto größer der Ertrag“ wird sich auch diesmal bewähren, wenngleich vielleicht die erste Uebergangszeit einige Aus— fälle bringen mag. Wichtiger ist drittens der politische Gewinn. „Wenn es staatswissenschaftliche Wahrheit ist, daß Zölle nur die Folge politischer Trennung verschiedener Staaten sind, so muß es auch Wahrheit sein, daß Einigung dieser Staaten zu einem Zoll= und Handels-Verbande zugleich auch Einigung zu einem und demselben politischen Systeme mit sich führt." Nun wird in großen Zügen die fridericianische Politik den Wittels- bachern gegenüber geschildert: wie Friedrich den ersten Nicht-Oesterreicher, Karl VII. auf den Kaiserthron erhoben, dann durch den bairischen Erb- folgekrieg und den Fürstenbund Baiern dreimal vom Untergange gerettet habe. Preußen hat bisher von alledem noch keine Frucht geerntet. Baierns feindselige Haltung zur Zeit des Rheinbundes und der ansbach-baireuther Händel erklärt sich nur aus „der totalen Verwirrung und Verirrung der Staatenpolitik“ jener revolutionären Tage. Heute aber kann Preußen kein Mißtrauen mehr einflößen, sondern muß wünschen „mit allen den Staaten, die nur von wahrhaft deutschem Interesse geleitet und Preußen mit offenem Vertrauen ergeben sind, nicht aber etwa den Besitz deutscher Provinzen bloß als Vehikel für Förderung der Interessen ihrer größeren auswärtigen, Deutschlands Interessen fremden Staatenkörper zu benutzen streben, in jeder Beziehung, politisch und commerciell, sich recht innig und recht enge zu verbinden.“ Möglich bleibt doch der für jetzt allerdings „nicht leicht gedenkbare“ Fall, daß entweder ein allgemeiner Krieg aus- bräche, oder „daß der Deutsche Bund in seiner jetzigen Gestalt sich einmal auflöste und mit Ausschluß aller heterogenen Theile sich neu gestaltete“; dann würde unser Handelssystem ungeheuer wichtig werden. Viertens bringt uns das Handelssystem eine militärische Verstärkung um 92,000 Mann. Baierns Zutritt entschied die Kriege von 1805 und 1806 zu Napoleon's Gunsten, desgleichen der Rheinbund den Krieg von 1809. Gegen Frank- reich können wir unser Rheinland nur decken, wenn wir der bairischen Pfalz sicher sind; Oesterreich aber wird durch den Handelsbund in einem weiten Bogen umfaßt, kann von Schlesien und Altbaiern her zugleich be- droht werden. Die Denkschrift schließt: „In dieser, auf gleichem Interesse und natürlicher Grundlage ruhenden und sich nothwendig in der Mitte von Deutschland erweiternden Verbindung wird erst wieder ein in Wahr- heit verbündetes, von innen und von außen festes und freies Deutschland unter dem Schutz und Schirm von Preußen bestehen. Möge nur das noch Fehlende weiter ergänzt und das schon Erworbene mit umsichtiger Sorgfalt noch weiter ausgebildet und festgehalten werden!“