Motz's große Denkschrift. 671 So der preußische Finanzminister, ein Jahr vor der Julirevolution, zwei Jahre bevor Paul Pfizer den Briefwechsel zweier Deutschen erscheinen ließ! Unter allen Aeußerungen deutscher Staatsmänner aus jener Zeit ist keine, die so entschieden mit der Politik des friedlichen Dualismus bricht, so rund heraussagt: los von Oesterreich! Und welche Sicherheit des Blicks in Allem und Jedem! Der Mann wußte schon 1829 bis auf einen geringfügigen Irrthum ganz genau, in welcher Reihenfolge bis zum Jahre 1866 die deutschen Staaten dem Zollvereine beigetreten sind. In einem Rundschreiben an ihre Gesandten sprach die preußische Regierung offen aus: der Vertrag mit Baiern stelle eine noch engere Ver- einigung und die allmähliche Verwirklichung der deutschen Handelseinheit in Aussicht. Noch blieben am bairischen Hofe tausend Bedenken zu über- winden. König Ludwig, gewöhnt an unbedingte Selbstherrschaft, zürnte heftig, weil seine Unterhändler in einigen Punkten ihre Instruktionen über- schritten hatten; er konnte das alte süddeutsche Mißtrauen gegen die preu- ßischen Kniffe nicht überwinden, mäkelte an jedem Worte, fürchtete überall doppelte Auslegung. Auch der berühmte Streit über das Alternat, der in jenen Tagen die Mußestunden der Bundestagsgesandten würdig aus- füllte, wirkte störend. Die königlichen Höfe wollten den großherzoglichen wohl die Gleichberechtigung beim Vortritt, doch nicht bei den Unterschriften zugestehen; nach vielem Herzeleid behalf man sich endlich, fertigte nur zwei Haupturkunden aus, die eine für Preußen-Hessen, die andere für Baiern= Württemberg gemeinsam. Dazu die begreifliche Furcht des Münchener Hofes vor der Kleinmeisterei seines Landtags. Cotta bat inständig: „nicht zu vergessen, daß wir selbst Vorurtheilen fröhnen müssen, um die höheren großen Zwecke zu erreichen, besonders den Verein.“ Im gleichem Sinne schrieb Armansperg an Motz: „das gewiß segensreiche Werk, welches durch den Handelsvertrag nunmehr in das Leben treten wird, verdankt Deutsch- land größtentheils der Großartigkeit Ihrer Ideen und der thätigen Sorg- falt, womit Ew. Excellenz die Unterhandlungen leiteten und jede Ein- seitigkeit zu entfernen strebten. Wenn dem Geiste Ew. Excellenz Manches, wonach unsere Wünsche zielen, kleinlich erscheinen wird, so mögen Sie in Erwägung ziehen, daß in den Hallen der Stände manch Kleinliches hauset und nicht immer durch die Waffe der Vernunft bekämpft und besiegt werden kann“ — worauf dann im Interesse der oberpfälzischen Hammer- werke gebeten ward, die groben Eisenwaaren unter die Ausnahmeartikel zu stellen.') Im Laufe des Sommers hat Cotta selbst in Brückenau und Friedrichshafen die letzten Bedenken der beiden süddeutschen Könige be- schwichtigt; sie ratificirten, überhäuften den gewandten Unterhändler mit Gunst. König Wilhelm zeigte sich ebenso unbefangen wie sein Minister Varnbüler; von den alten cäsarischen Träumen war keine Rede mehr. *) Cotta an Motz, 14. Juni; Armansperg an Motz, 22. Juni 1829.