768 Die Communalordnung vom Jahre 1820. Fassen wir das Ergebniß zusammen. Der bairische Hof hat durch seine Staats- streichspläne und durch seinen Hilferuf an die Großmächte die Karlsbader Conferenzen mit veraulaßt; er hat die dort gefaßten Beschlüsse durch seinen Bevollmächtigten ange- nommen und sie sodann durch seine Abstimmung am Bundestage nochmals förmlich genehmigt; er hat sie darauf veröffentlicht mit zwei unwesentlichen Aenderungen und mit einem Vorbehalt zu Gunsten der Souveränität und der Verfassung; er hat nachher diesem unklaren Vorbehalt selber die Spitze abgebrochen durch eine beschwichtigende Erklärung an die Großmächte und schließlich bei der Erneuerung der Beschlüsse den Vorbehalt gänzlich fallen lassen. Dies sind die Thatsachen. Das Urtheil überlasse ich den Lesern. Meinen beairischen Kritiker aber bitte ich zu bedenken, daß der Historiker seinen Stoff nicht schafft, sondern vorfindet. Eine Freude war es mir nicht, die schwarze Wäsche des alten Bundestages zu waschen und jene Karlsbader Händel zu schildern, bei denen alle deutschen Höfe, alle ohne Ausnahme, eine so traurige Rolle spielten. Doch wenn ich darstellen soll, wie unser Vaterland zu seiner alten Herrlichkeit wieder aufgestiegen ist, so muß ich zuvor schonungslos und unumwunden zeigen, in welchen Sumpf wir versunken waren. In diesem dritten Bande habe ich erzählt, wie Preußen und Baiern ihren alten heilsamen Bund von Neuem geschlossen und dadurch dem Vaterlande sein wirthschaftliche Einheit gesichert haben. Vielleicht wird Herr v. Lerchenfeld jetzt selber zugestehen, daß er eine Gesinnung, die mir fremd ist, in meinen Worten gesucht hat. X. Die Communalordnung vom Jahre 1320. Zu Bd. III S. 106. Die Entwürfe der Landgemeinde-, Städte= und Kreisordnung vom 7. Aug. 1820 waren lange ganz verschollen. König Friedrich Wilhelm IV. ließ in verschiedenen Bureaus vergeblich danach suchen. Durch einen glücklichen Zufall entdeckte ich sie vor einigen Jahren in dem Nachlaß des Ministers v. Schuckmann. In den allgemeinen Erörterungen wird vor Allem die Frage erwogen, ob eine Communalordnung für die ganze Monarchie möglich sei. Die Commission verkennt nicht die große Verschiedenheit der Gemeindeverhältnisse: im Westen Sammtgemeinden bei völlig freiem Eigenthum und gleichem Rechte für Personen und Sachen; im Osten Einzel- gemeinden und privilegirte Gutsherren; in den nichtdeutschen Provinzen vorherrschende Pacht und kaum eine Spur von Communaleinrichtungen; dazu der Unterschied der Bil- dung zwischen Berlin und den kleinen polnischen Judenstädten. Gleichwohl erscheint die Einheit nothwendig, weil die Gemeinde der Mikrokosmos des Staates und die Grund- lage seiner Verfassung ist. Hinsichtlich der Landgemeinden wird zugestanden: „Das gutsherrliche Verhältniß macht eine vollständige Gemeindeordnung unmöglich.“ Das Ziel bleibt aber, nach voll- zogener Auseinandersetzung die gänzliche Vereinigung der Gutsherren mit den Land- gemeinden zu erleichtern: „denn es ist zu glauben, daß dann auch die Patrimonial= Jurisdiction und die Polizeigewalt allen Werth für die Grundherren verloren haben wird; ja beide dürften als eine unnütze Last betrachtet werden, wenn sie nicht mehr dazu gebraucht werden können, den Gutsherren desto schneller und rücksichtsloser die Befriedi- gung derjenigen Ansprüche zu sichern, die sie nach den jetzigen Verhältnissen an ihre Ein- gesessenen zu machen haben.“ Bei der Berathung der Kreisordnung kommt die Commission nach langer Prüfung zu dem Ergebniß, daß kein wesentlicher Unterschied zwischen den östlichen und den west- lichen Provinzen bestehe, da die Auseinandersetzung schon im Gange sei.