Beginn des nationalen Kampses. 175 mütigen Wahne, als ob sie durch ihre Verbrüderung mit den Schles— wigern den dänischen Gesamtstaat stärken, der Krone einen Dienst er— weisen könnten, und enthüllte ihnen schonungslos die Hintergedanken der Dänen, die offenbar darauf ausgingen, Schleswig zu verschlingen, die Verbindung der Herzogtümer zu zerreißen. Ebenso scharf faßte er auch die Erbfolgefrage ins Auge und zeigte, daß in Schleswig-Holstein allein dem Mannesstamme die Thronfolge gebühre, in Dänemark aber seit dem Königsgesetze auch dem Weiberstamme, und mithin, da das dänische Haus nur noch auf sechs Augen stand, leicht eine Trennung der beiden Staaten eintreten könne. Die formlose Schrift zeigte vielfach die Mängel überhasteter Forschung, aber auch überall die große Leidenschaft eines ge- borenen Publizisten, der mit festem Griff das Wesentliche aus der Fülle des Stoffes heraushob und dem Leser unerbittlich eine Entschließung auf- zwang; sie ward erst nach dem Tode des Verfassers durch Georg Beseler herausgegeben und hat dann als ein teueres Vermächtnis auf die nationalen Kämpfe der vierziger Jahre noch stark eingewirkt. Lornsen schrieb daran unter unsäglichen Qualen, in der Sonnenglut Brasiliens, wo er nach überstandener Haft vergeblich Heilung für seine Krankheit suchte; die aufopfernde Freundschaft des treuen Hegewisch vermochte den Unseligen nicht mehr aufzurichten. Nach Europa zurückgekehrt, gab er sich in den Wellen des Genfer Sees selbst den Tod (1838), der Edelsten einer aus der langen Reihe der Kämpfer und Dulder, welche dem Tage der deutschen Einheit vorangingen. Die Schleswig-Holsteiner brauchten noch eine gute Weile, bis sie die feindseligen Anschläge des Dänentums ebenso klar wie Lornsen erkannten. Wie hätte sich auch in diesem behaglichen Sonderleben das Verständnis für nationale Machtfragen rasch entwickeln können? Selbst Hegewisch, der über den Gesichtskreis seiner Holsten weit hinaussah, meinte damals noch gemütlich: einer Kriegsflotte bedürfen die Herzogtümer nicht; „Ham- burger Schiffe befahren alle Meere ganz ohne bewaffnete Seemacht.“ Als die neuen Landtage zuerst angekündigt wurden, ließ Falck die Schriften zweier Kopenhagener Liberalen, des Professors David und des ehrgeizigen jungen Kapitäns Tscherning, über die preußischen Provinzialstände über- setzen und sprach im Vorworte ganz wie ein guter Landsmann der beiden Dänen. Noch vier Jahre später wurde David, als er nach einem glück- lich überstandenen Preßprozesse durch Kiel kam, von den Studenten als ein Held der Freiheit gefeiert, obgleich seine Zeitung Faedrelandet das Deutschtum Schleswigs offen bekämpfte. Die ersten Verhandlungen der beiden Landtage verliefen noch ziemlich still. Die Stände bekundeten zwar mehrfach jenen Drang nach Erweiterung der eigenen Rechte, der sich in beratenden Parlamenten, wenn sie nicht ganz in Schlummer versinken, unausbleiblich einstellt; sie verlangten eine beschränkte Offent- lichkeit für ihre Beratungen und genauere Rechenschaft über den Staats-