Bundesbeschlüsse gegen die Revolution. 213 In der Tat erwies sich Metternichs Besorgnis sofort als grundlos. Der Wittelsbacher war nur in seiner dynastischen Eitelkeit verletzt, doch im wesentlichen ganz einverstanden mit den Absichten der Großmächte. Eben jetzt lieferte der Münchener Hof ein neues erbauliches Probstück jener unwahren, schielenden Politik, welche er gegenüber den Karlsbader Be- schlüssen immer eingehalten hatte. Vornehmlich auf Bayerns Betrieb war im Jahre 1824 die Gültigkeit dieser Ausnahmegesetze verlängert worden; gleich- wohl hatte der bayrische Gesandte bei der Abstimmung die beiläufige Be- merkung eingeflochten, man werde sie „wie bisher"“ befolgen.*) Ein solcher Vorbehalt war rechtlich wirkungslos bei einem einstimmigen Bundesbe- schlusse; doch er konnte mit einiger Dreistigkeit allenfalls so gedeutet werden, als ob in Bayern wie bisher die Bücher und die wissenschaftlichen Zeit- schriften zensurfrei bleiben sollten. Die bayrische Zensur wurde auchwährend der folgenden stillen Jahre ziemlich mild gehandhabt; sie ließ die kleinen Blätter, welche nur Landessachen besprachen, ganz unbelästigt. Nach der Juli-Revolution schlugen aber mehrere dieser Ortsblätter einen so auf- reizenden Ton an, daß König Ludwig sich schwer gekränkt fühlte. Im tief- sten Geheimnis, ohne Vorwissen des Ministers Armansperg, schrieb er also (27. Sept.) seinem Bundesgesandten Lerchenfeld: er wolle die Be- sprechung innerer Landesangelegenheiten wieder der Zensur unterwerfen, doch ohne die Hilfe des Bundestags könne er dies nicht wagen; daher solle der preußische Bundesgesandte in unverbrüchlichem Vertrauen gebeten werden, einen Antrag in diesem Sinne zu stellen. Angstlich fügte er hin- zu: „daß ich Preußen dazu anging, darf nicht vorkommen, noch in Bayern irgend jemand zu irgendeiner Zeit hiervon Kenntnis erhalten;“ auch nachher kam er immer wieder darauf zurück, daß Bayerns Bereitwilligkeit im tiefen Dunkel bleiben müsse. Seine Bitte war kaum nötig; die beiden Großmächte hatten bereits beschlossen, die Zügel der Zensur etwas schärfer anzuziehen. So konnten denn am 21. Oktober 1830 in leidlicher Eintracht die neuen Bundes- beschlüsse über Deutschlands Sicherheit gefaßt werden.““) Sie befahlen nur das Unentbehrliche. Man merkte deutlich die ruhige Hand Bern- storffs, der alle diese Monate hindurch mit Metternich in Fehde lag und wegen seiner Mäßigung von Wien her bei dem Könige beharrlich, aber erfolglos verdächtigt wurde.*“) Der Bund forderte lediglich: die Bundes- staaten sollten zu gegenseitiger Unterstützung ihre Truppen bereit stellen, ihre Bundesgesandten mit umfassenden Vollmachten versehen, ihre Zen- soren zur Wachsamkeit anhalten und auch die Blätter, welche sich nur mit inneren Landesangelegenheiten befaßten, streng beaufsichtigen. Diesen *) S. o. III. 338. *8) Weisung an Lerchenfeld, 13. Okt. 1831. *) Bernstorff, Rechtfertigungsschreiben an den König, 27. September 1830.