Die Opposition im bayrischen Landtage. 245 zwungen, eine halbe Million Gulden aus seinen eigenen Mitteln vor— zuschießen. Bei allen diesen Händeln trat wieder grell zu Tage, wie wenig der bayrische Staat noch vermocht hatte, den Gegensatz der Landschaften zu versöhnen. Die Pfälzer und die Franken standen fast sämtlich zu der liberalen Fahne, allen voran der Advokat Schüler aus Bergzabern, „die Stütze des Volks, der Koloß an Geist und Charakter“ — wie die Zei— tungen ihn nannten —, in der Tat ein feiner Kopf, der seine radikalen Ansichten fast immer klug und mit vornehmem Anstand vertrat. Bei den Altbayern dagegen herrschte die alte Begeisterung für Thron und Altar, mehr noch im Volke als unter den Abgeordneten. Die Münchener Bürger— schaft und die Tausende von Arbeitern, welche der königliche Kunstfreund bei seinen Bauten beschäftigte, grollten über die Schmälerung der Zivilliste und holten den Monarchen in feierlichem Zuge ein, als er von einer Reise heimkehrte. Die Gautinger Bauern scharten sich zusammen unter der Führung des bergischen Freiherrn von Hallberg, des allbekannten „Eremiten von Gauting“, und sendeten eine geharnischte Adresse: der König möge seinen getreuen Bauern nur winken, „und in einer Stunde haben Ew. Majestät keine lebenden Feinde mehr!“ Seitdem diente der Name der Gautinger, wie vormals am Rhein der Name der Hatzenporter, der liberalen Presse viele Jahre lang zur Bezeichnung des Bedientensinnes. Eine schwierige Mittelstellung zwischen den Parteien behauptete der junge Freiherr von Rotenhan aus der fränkischen Reichsritterschaft, ein Burschenschafter, von der Hochschule her mit Stüve und dem Jenenser Buchhändler Frommann befreundet, durch Blutsverwandtschaft und Ge- sinnungsgemeinschaft mit dem Berliner Präsidenten Grolman eng ver- bunden, ein edler Patriot von freiem, weitem Blicke, unabhängig nach oben wie nach unten. Die Liberalen wußten seinen Freimut noch nicht zu schätzen, weil er ein gläubiger Protestant war und als besonnener Reformer den Brandreden der Demagogen oft sehr scharf entgegentrat. Gleich ihm dachte sein Freund Graf Giech, der Schwiegersohn des Freiherrn vom Stein. Die beiden bildeten fast die einzige Brücke zwischen der historischen Staatsgesinnung des Nordens und dem vernunftrechtlichen Liberalismus des Südens. Wie weit die Kluft zwischen diesen Ansichten noch war, das empfand Christian Rauch sehr lebhaft, als er um jene Zeit zur Vollendung seines Königsdenkmals nach München kam; Thiersch und seine anderen bayrischen Freunde betrachteten ihn fast wie einen Ko- saken, weil er als guter Preuße das gerühmte allgemeine Staatsrecht nicht bewundern, in den Polen nur die Feinde seines Vaterlandes sehen wollte. Nach langem Feilschen kam das Budget doch noch zustande; die Abstriche waren so stark, daß man ein Fünftel der direkten Steuern erlassen konnte. Im übrigen leistete die lärmende Versammlung sehr