246 IV. 4. Landtage und Feste in Oberdeutschland. wenig: über die Ablösung der Scharwerke und der Zehnten, über das längst geplante, dringend nötige Landeskulturgesetz äußerte sie nur aller— hand Wünsche, ohne sich über ausführbare Vorschläge zu einigen, und der beschränkten Gewerbefreiheit, welche das neue Konzessionssystem ge— währte, trat sie sogar feindlich entgegen, weil die Kleinbürger, geängstigt durch den wachsenden Wettbewerb, sich in stürmischen Adressen über die neue Freiheit beschwerten. Als die Stände um Weihnachten mit wenigen trockenen Worten heimgeschickt wurden, da trennte man sich zwar noch in leidlichem Frieden. Ein Bruch war für diesmal vermieden, und das preußische Auswärtige Amt erkannte dankbar an, daß die Landtagsver— handlungen hier doch nicht ganz so stürmisch verlaufen waren wie in Karlsruhe oder Kassel.“) Rotenhan aber und wer sonst unter den be— sonneneren Abgeordneten dem Hofe nahe stand, schaute voll Besorgnis in die Zukunft. Denn der König, dessen Wille in dem streng monar— chischen Staate doch immer den Ausschlag gab, verhehlte nicht seinen Zorn über die törichten und aufreizenden Reden dieses „langen und leidigen Landtags“. Er ward irr an den konstitutionellen Idealen seiner Jugend. Nach der Weise enttäuschter Enthusiasten wendete er sich schroff von diesen holden Träumen ab und ließ den selbstherrlichen Neigungen seines Charakters die Zügel schießen, obgleich er an die förmliche Auf- hebung der Verfassung niemals dachte. „Erobert von der Prosa wird die Welt“, so rief er schmerzlich, als ihm die Liberalen seine künstlerischen Pläne störten und Goethe dem verkannten frommen Bauherrn seine Teilnahme aussprechen ließ. Er klagte über den Wandel der Volksgunst, über das Schwinden der alten Treue: Deutsches Volk, das einst so fromm und bieder, Nun ergriffen von dem Schwindelgeist, Redlich wie du warest werde wieder! Besser die Geschichte keines weist. Und es blieb nicht bei den strafenden Worten. Die Opposition hatte sich gründlich verrechnet, als sie nach der Entlassung Schenks den Beginn eines liberalen Regiments erhoffte. Zu Ende des Jahres trat der alte Zentner aus, der so viele Jahre hindurch Beamtentum und Landtag in Eintracht erhalten hatte. Zugleich erhielt auch Armansperg ungnädigen Abschied, zum großen Leidwesen der preußischen Regierung; alle seine Verdienste um den Staatshaushalt und den preußisch-bayrischen Zollvertrag galten jetzt nichts mehr, da der österreichische Hof und die Genossen der Münchener „Kongregation“ ihn schon längst, durchaus mit Unrecht, als einen geheimen Gönner des Liberalismus verdächtigt hatten.“) Nunmehr übernahm Feldmarschall Wrede den Vorsitz im Ministerrat. *) Ancillon, Weisung an Küster, 8. Jan. 1832. *v) Küsters Berichte, 14. Febr., 18. Apr., 7., 24. Mai, 22., 31. Dez. 1831.