280 IV. 5. Wiederbefestigung der alten Gewalten. Rede die Freiheitsfarben der alten Burschenschaft verherrlichte, erklärte Jordan die Bundesbeschlüsse für ungültig und forderte, daß die Minister angeklagt werden sollten. Das war es, was der Kurprinz wünschte. Am 26. Juli wurde der Landtag aufgelöst, und Heinrich von Arnim, der auf der Durchreise dieser Schlußsitzung beiwohnte, berichtete schaudernd, welche entsetzliche Drohungen die schnurrbärtigen, mit schwarzrotgoldenen Bändern geschmückten Männer droben auf der Galerie ausgestoßen hätten.) Das Land blieb indessen ruhig. Jordan aber, der Vater der Verfassung, fiel nun- mehr selber in das Fangeisen, das er früherhin versorglich der monarchischen Gewalt gestellt hatte. Um der Regierung die Auflösung der Landstände zu erschweren, hatte er einst die Vorschrift durchgesetzt, daß der Landtag am Schlusse jeder Tagung den ständischen Ausschuß mit Weisungen versehen müsse.“) Jetzt ward der Landtag plötzlich aufgelöst, bevor er diese Wei- sungen erteilen konnte, und als der Ausschuß alsbald versuchte, nach- träglich gegen die Bundesbeschlüsse zu protestieren, da erwiderte ihm Hassen- pflug höhnisch, aber mit unbestreitbarem Rechte: der Ausschuß hat keine ständische Instruktion erhalten, ist also nach der Verfassung nicht befugt, irgendeinen rechtsgültigen Beschluß zu fassen. So hatte der gewandte Taschenspieler den Landtag und seinen Ausschuß zugleich entwaffnet. Jedermann fühlte, unter dieser Regierung werde das hessische Land nie- mals zum Frieden gelangen. Auch die badische Regierung veröffentlichte die Sechs Artikel ohne Vorbehalt, weil sie fürchtete, sich durch nutzlose Zusätze bloßzustellen?“?) und weil sie ihrer ganzen Widerstandskraft bedurfte, um vielleicht noch ihr Preßgesetz zu retten. Längst wünschte der Großherzog sehnlich seinen Frieden mit den großen Mächten zu schließen. Um die Hofburg über seine tadellose Gesinnung aufzuklären, sendete er im Frühjahr den Frei- herrn von Falkenstein nach Wien, erhielt aber zur Antwort nur einen freundlich mahnenden Brief von Kaiser Franz.) Seine Minister ge- nügten ihm nicht. Winter zeigte sich zwar sehr aufgebracht über Rotteck und dessen Getreue: „Da ist mir Herr Wirth noch ein ehrenwerterer Gegner“ — schrieb er einmal. „Der Bursche ist ein Radikaler, ein ver- rücktes Gehirn, aber doch ein deutscher Radikaler und sagt offen, was er will. Die Freiburger sind Heuchler.“) Gleichwohl konnte sich Leopold nicht verbergen, daß dieser bürgerfreundliche Minister niemals das Ver- trauen der beiden Großmächte gewinnen werde, und berief daher im Mai den Freiherrn von Reizenstein aus der Stille seiner Heidelberger gelehrten Muße wieder an die Spitze des Ministeriums — jenen verdienten Staats- *) Arnims Bericht, 26. Juli 1832. *4) S. o. IV. 134. ***) Türckheim an Blittersdorff, 10. Aug. 1832. )ATürckheim an Blittersdorff, 28. Mai; Otterstedts Bericht, 9. Juni 1832. s) Winter an Otterstedt, 18. Juni 1832.