Verkauf von Lichtenberg. 283 und während der nächsten zwei Jahre wagte nur noch ein einziges Blatt, Mathys „Zeitgeist“, die Gedanken des Liberalismus unerschrocken zu ver- teidigen. Die erste Nummer erschien wenige Wochen, bevor die junge badische Preßfreiheit wieder beseitigt wurde, und alltäglich mußte Mathy nunmehr den kleinen Krieg führen wider die kindische Angstlichkeit einer willkürlichen Zensur. Ihm war nie wohler, als wenn er allein auf der Bresche stand und andere verzagten. Da er selbst das gesetzlich vor- geschriebene Alter noch nicht erreicht hatte, so unterzeichnete sein Ausläufer Erasmus Bartlin als Herausgeber, und es war ein Genuß, den biederen Bartlin zu sehen, wenn er abends den „Zeitgeist“ selber zum Zensor trug und stolz sagte: hier bringe ich mein Blatt. Obwohl nicht ganz frei von den fanatischen Übertreibungen und den tönenden Schlagworten des jungen Liberalismus, bewies die Zeitung doch durch ihren gesunden Ge- schäftsverstand, durch ihre knappe, gedrungene, immer sachlich belehrende Sprache, daß die Opposition schon einzelne regierungsfähige Talente be- saß. Die volkswirtschaftliche überlegenheit des Nordens gestand Mathy unbefangen zu, und in der preußischen Handelspolitik erkannte er bald den ersten Keim der wirksamen deutschen Einheit. Sein nächstes Ziel blieb natürlich die Preßfreiheit, oder, wie er bitter sagte „die Herstellung des natürlichen und durch das Grundgesetz verheißenen Rechtes des freien Menschen, sich von dem Tiere und dem Sklaven unterscheiden zu dürfen, indem er auf eigene Gefahr und Verantwortung hin seine Gedanken ausspricht.“ Den Badenern raubte die hereinbrechende Reaktion die freie Presse, dem unzufriedenen Völkchen des Fürstentums Lichtenberg brachte sie ein unerwartetes Glück: die Einverleibung in den preußischen Staat. Da die Unruhen in St. Wendel gar kein Ende nahmen, so mußte der Herzog von Koburg nochmals um Preußens Hilfe bitten, und abermals stellten preußische Truppen ohne Kampf die Ordnung her. Wie viele Mühe hatten die Koburger einst zur Zeit der Wiener Verträge aufgewendet, um durch die Gunst der großen Mächte eine Gebietsvergrößerung, die ihnen von Rechts wegen durchaus nicht gebührte, zu erlangen, und wie hart war ihre Ländergier bestraft worden. Jetzt sah Herzog Ernst endlich ein, daß er sich dieses entlegenen Besitztums entledigen mußte. Er gestand dem Könige von Preußen (18. Juni 1832), aus eigener Kraft könne er weder die Ruhestörungen noch den Schmuggel verhindern, und erbot sich daher das Fürstentum an Preußen abzutreten. Gewitzigt durch frühere Erfahrungen wagte er aber dem Könige nicht wieder einen Ländertausch zuzumuten,) sondern verlangte eine Entschädigung durch preußische Domänen. Weil er des Erfolges sicher zu sein wähnte, so besichtigte er bereits einige Staats- güter in der Goldenen Auoe, die er zu einer stattlichen Standesherrschaft ab- *) Vgl. II. 480.