Die Bundestruppen in Frankfurt. 305 wurden diese Anträge bekannt, so hallte ein Aufschrei der Entrüstung durch das souveräne Volk von Frankfurt: die Stadtwehr und die prächtigen Bonaparthüte ihrer Stabsoffiziere waren der Stolz der Stadt, nimmer sollten sie einem deutschen Ausländer gehorchen. In einer bogenlangen Erklärung verwahrte der Senat seine Souveränität: hier handle es sich nicht um militärische Sicherheit, sondern um „eine primäre politische Maß- regel“, und was des Unsinns mehr war. Nach abermals dritthalb Monaten, am 3. April wurde endlich abge- stimmt, und der Antrag des Ausschusses angenommen. Frankfurt verwahrte sich nochmals, und vergeblich verlangte General Piret, daß ihm die Frank- furter Truppen, dem Bundesbeschlusse gemäß, nunmehr untergeben würden. Bürgermeister Stark erwiderte stolz: das Frankfurter Bataillon hätte schon einen Sammelplatz für den Fall einer Ruhestörung angewiesen erhalten und schicke überdies jeden Sonntag seine Standeslisten an den General; das sei doch wohl genug, unmöglich könne der Bundestag beabsichtigen, „den Rechten hiesiger Stadt zu nahe zu treten“. ) Da riß dem preußischen Gesandten die Geduld. Er beantragte und setzte durch, daß Frankfurt aufgefordert wurde, bis zur nächsten Sitzung die Vollziehung des Bundes- beschlusses anzuzeigen. Der Senat aber unterstand sich, am 1. Mai gegen diesen Befehl „feierlich zu protestieren“, was sofort als bundesverfassungs- widrig zurückgewiesen wurde. Noch nicht genug, er verlangte sogar die Abberufung der Bundestruppen, weil Frankfurt vollauf imstande sei, die Ordnung selber zu wahren. Eine solche Frechheit erlaubte sich ein Stadtstaat, der erst vor neunzehn Jahren durch die unbedachte Groß- mut der Mächte seine Souveränität geschenkt erhalten, und dabei alle dem Bundessitze obliegenden Pflichten ausdrücklich übernommen hatte. Kein Wunder wahrhaftig, daß man jetzt nochmals ernstlich an die Verlegung der Bundesversammlung dachte. Aber Nagler widersprach. Preußen rettete den Frankfurtern ihre Bundesherrlichkeit; denn der König meinte: ohne den Bundestag würde diese Stadt mit ihrer elenden Regierung ein Herd der Revolution und namentlich der französischen Umtriebe werden.) Nur vierundzwanzig Stunden vergingen seit jener prahlerischen Er- klärung des Senats; da ward sie schon durch die Tatsachen Lügen gestraft. Am Abend des 2. Mai war die Mannschaft der Konstablerwache schwer betrunken in der Wachstube; einige mit den Gefangenen einverstandene Kameraden hatten ihr Apfelwein in Fülle vorgesetzt. Schwere Rollwagen rasselten mit betäubendem Lärm über das Pflaster der Zeil, so daß die Studenten im oberen Stockwerk das Durchfeilen der Gitter ungestört beenden konnten. Da drang plötzlich eine tobende Volksmasse gegen die *7) Pirets Bericht an die Bundesversammlung, 22. April; Stark an Piret 14., 22. April; Piret an Stark, 19. April 1834. *“) Naglers Bericht, 4. Juni 1834, nebst Randbemerkung des Königs. v. Treitschke, Deutsche Geschichte. IV. 20