Frankfurt und die Westmächte gegen den Bund. 307 schmähte die Glaubwürdigkeit dieser halbwahren Versicherung näher zu prüfen, obgleich er wohl wußte, wie eifrig Cartwright und der französische Legationssekretär Grouchy mit mehreren Senatoren verkehrten,“) und be— stand nun um so ernster darauf, daß Frankfurt seine deutsche Gesinnung durch Taten beweisen müsse. Die Exekution war der widerspenstigen Stadt bereits angedroht, da unterwarf sich endlich der Senat (3. Juni), stellte seine Truppen unter Pirets Befehl und versprach auch seine jämmerliche Polizei neu zu ordnen. Die Noten der Westmächte beantwortete der Bundestag mit einer kurzen, würdigen Zurückweisung (12. Juni), die in Wien von sämtlichen Mit- gliedern der deutschen Ministerkonferenz — mit einziger Ausnahme des Hannoveraners — gebilligt worden war.**) Der ruhige Ton dieser Er- widerung ermutigte aber die beiden Gesandten zu neuen Noten (30. Juni, 18. Juli): Beide beriefen sich wieder auf die Wiener Verträge, und der Engländer sprach wieder am gröbsten. Die an der Wiener Schlußakte beteiligten Staaten — so schrieb er — können nicht zugeben, „daß der Deutsche Bund, der zum Schutze der Schwachen geschaffen wurde, sich zu einem Werkzeuge der Unterdrückung in der Hand der Mächtigen um- wandle.“ Nunmehr merkte Nagler doch, daß man zu den feinfühligen Westländern deutlicher reden mußte. Er verlas am 18. September eine geharnischte Präsidialerklärung, welche die „Anmaßung, die vollständige Unkenntnis, die unbegreifliche Begriffsverwirrung“ der beiden Noten scho- nungslos rügte und den Westmächten vorhielt, daß ihr eigener Schützling, Frankfurt, sie verleugnet habe. Demgemäß ward sodann ein überaus scharfer Beschluß einmütig gefaßt — selbst Hannover stimmte diesmal gegen England —: „Niemals werde der Bund den fremden Mächten, als Mitunterzeichnern der Kongreßakte, in Bundesangelegenheiten Rechte zu- gestehen, welche nach dem Wortlaute des Bundesvertrages und ebenso nach dem Inhalte der Kongreßakte nur den Gliedern des Deutschen Bun- des und dessen Gesamtheit zustehen.“ Diesen Beschluß übersendete Nagler einfach den beiden Gesandten, ohne sie auch nur einer förmlichen Antwortsnote zu würdigen. Cartwright und Alleye fühlten sich tief verletzt, sie beschwerten sich in zwei neuen Noten (17.Okt., 21. Nov.) über eine so „vollständige Abweichung von den diplo- matischen Gebräuchen Europas“ und beharrten bei ihrer Meinung über den Sinn der Wiener Verträge. Der Bundestag aber legte die Beschwerde- schriften der beiden Unermüdlichen ohne Erwiderung zu seinen Akten, und die Westmächte mußten die selbstverschuldete schnöde Behandlung ruhig hin- nehmen: sie fühlten, daß die Eintracht der deutschen Höfe doch nicht so leicht zu zersprengen war. Leider wurde dieser Schriftenwechsel, der dem *) Naglers Bericht, 18. Mai 1834. *“) Brockhausens Bericht, 7. Juni 1834. 20*