316 IV. 5. Wiederbefestigung der alten Gewalten. verwahrte auf der Londoner Konferenz oft und nachdrücklich die Rechte des Bundes. Nach Wien schrieb Bernstorff: „Der Bund würde entehrt sein und sich darein ergeben müssen, in Zukunft kein Leben und keine politische Tätigkeit mehr zu haben, wenn er es unterlassen wollte, bei dieser wichtigen Gelegenheit seine ebenso klare als förmliche Pflicht zu erfüllen.“ Zur selben Zeit (November 1830) erhielt Bülow in London die bestimmte Weisung: „Die Verhältnisse des Großherzogtums und der Festung Luxemburg zu dem Deutschen Bunde sind unwiderruflich fest— zuhalten. Jede versuchte gewaltsame Veränderung in diesem Betreff wird als ein Eingriff in die Rechte des Bundes und in die durch die Über— einstimmung von Europa geheiligten Verträge anzusehen sein.“*) Doch über das bescheidene Maß dieser selbstverständlichen Forderungen ging auch die preußische Politik nicht hinaus. Nur gewaltsame Veränderungen des Bundesgebiets dachte sie nicht zu dulden. Fand sich indessen ein friedliches Mittel, um ohne Schmälerung des Bundesgebiets und mit Zustimmung aller Berechtigten den leidigen Handel aus der Welt zu schaffen, dann wollte König Friedrich Wilhelm, friedfertig wie er war, nichts dawider einwenden; und ein solcher Ausweg ward ihm jetzt un— erwartet durch seinen niederländischen Schwager selbst gewiesen. Der König-Großherzog trug sich noch eine Zeitlang mit der Hoffnung, sein deutsches Bundesland durch Waffengewalt zurückzugewinnen. Er sendete im März 1831 den tapferen Herzog Bernhard von Weimar in die Festung Luxemburg, um von dort aus einen royalistischen Kreuzzug zu versuchen. Der Plan ward rasch wieder aufgegeben, weil das ganze Groß- herzogtum sich schon in den Händen der Aufständischen befand. Nachher unternahm König Wilhelm, den Bund zu einer Kriegserklärung gegen Belgien zu bewegen; auch dies blieb vergeblich, da die Exekution bereits beschlossen war. Mittlerweile hatte sich die Londoner Konferenz längst über den Grundsatz der Teilung des niederländischen Gesamtstaats geeinigt. Die holländischen Bevollmächtigten begannen selbst zu fühlen, daß sie an dieser vollendeten Tatsache nichts mehr ändern konnten, und versuchten nur noch, ihrem Lande eine möglichst günstige Grenze zu gewinnen. Die alte Grenze von 1790, welche dem Teilungsplane zur Richtschnur diente, war in den limburgischen Maaslanden sehr unvorteilhaft für Holland; dort lagen Venlo, Roermonde und andere altholländische Plätze rings von belgischem Gebiete umgeben. Daher erklärten die holländischen Unter— händler dem preußischen Gesandten vertraulich, ihr König sei geneigt, die Westhälfte von Luxemburg an Belgien auszuliefern, wenn Belgien dafür das rechte Ufer der Maas und die Nordspitze der Provinz Limburg an Holland und den Deutschen Bund abträte. Sobald dieser Vorschlag der Londoner Konferenz bekannt wurde, fand er sofort allgemeine Zustimmung, *) Bernstorff, Weisung an Maltzahn, 1. Nov., an Bülow, 4. Nov. 1830.