Vermittlung von Preußen und Württemberg. 359 fallen lassen, wenn dadurch nur endlich das Elend der Binnenmauten aufgehoben würde.*) Anders empfand die große Mehrzahl der Liberalen; sie dachte von dem Musterlande der konstitutionellen Freiheit nicht eine Geviertmeile aufzuopfern, und ihr Entschluß stand umso fester, da sie auch den Zollvereinsplänen mißtraute. Der Hauptverkehr des langge- streckten Landes ging von Norden nach Südc und konnte durch den An- schluß an Bayern-Württemberg wenig gewinnen. Nan übersah oder wollte übersehen, daß dieser Anschluß nur das Mittel belden sollte zur späteren Vereinigung mit Preußen; unleugbar war der bayrische Plan zu fein, zu verwickelt, um sogleich vom Volke verstanden zu werden. überall in Baden sprach man begeistert von einem gesamtdeutschen Zollverbande; denn so viel Boden hatte die Idee der deutschen Handels- einheit durch Preußens Siege doch gewonnen, daß niemand mehr sie schlechthin zu verwerfen wagte. Freilich benutzten viele badische Liberale das schöne Wort vom allgemeinen deutschen Zollvereine nur als ein Schurz- fell, um die Blöße ihrer partikularistischen Selbstsucht zu bedecken. Wie behaglich lebte sich's doch unter der badischen Handelsfreiheit — auf Kosten der lieben Nachbarn! Mit Stolz sah der Badener — so sagte eine Flug- schrift des Rastatter Kaufmanns F. Meyer „über die Zollverhältnisse Ba- dens“ — wie die Nachbarn aus dem Elsaß, aus Schwaben, aus der Rhein- pfalz in „das wohlfeile, gastfreie“ Ländle kamen, um dann ihre billigen Einkäufe über die heimatliche Grenze hinüberzuschmuggeln. Nimmermehr sollte diese gemütliche Unordnung durch eine gewissenhafte Grenzbewachung beseitigt werden. Der Freiburger Handelsstand stellte dem Landtage vor: ein Zollverein „wird rechtliche, sittlich gute Menschen in eine Rotte von Zöllnern, Schmugglern, Spionen und Gaunern verwandeln“ — wobei nur verschwiegen ward, daß die große Mehrzahl der badischen Geschäfte, zumal die Kolonialwarenhandlungen, dem Schleichhandel längst als Herbergen dienten. Noch kräftiger sprach das Straßburger Konstitutionelle Deutsch- land: „Maut, Maut, preußische Maut erhalten wir! Unglückliches Vaterland! Im geheimen, im Dunkel der Nacht wird sie dir gegeben! Wehe dir, Kammer von 18311“ Als Großherzog Leopold sein Oberland bereiste, wurde er überall dringend gewarnt, und Winter, der in Fragen der großen Politik immer ratlos war, wagte nicht einer scheinbar so starken Volksüberzeugung zu widersprechen. So schleppte sich der Zank durch fast anderthalb Jahre dahin. Die beiden vermittelnden Höfe boten alle ihre Beredsamkeit auf. Der Berliner sprach sanft, der Stuttgarter schroff; denn König Wilhelm sah sein Land unmittelbar unter dem badischen Schmuggel leiden, er drohte dem Karls- ruher Hofe geradezu: Bayern und Württemberg würden „dem bisherigen *) Bürgermeister Weimar in Wertheim an Fürst Georg von Löwenstein, 28. Mai- J. Georg von Löwenstein an Otterstedt, 30. Mai 1831.