Bayerns Zögerung. 369 Staaten gewannen. Allerdings geben jene großen Zahlen kein ganz zu— treffendes Bild, da ein Teil der für das Binnenland bestimmten Ein— fuhr in den Häfen und Speditionsplätzen des Nordens verzollt wurde. Deutlicher erhellt der unverhältnismäßige Gewinn des Südens aus der Tatsache, daß die Verwaltungskosten in Bayern schon während des ersten Jahres von 44 auf 16, später auf nahezu 10 % sanken, Bayerns Anteil an dem Kaffeezolle sofort auf das Dreifache, bis zum Jahre 1845 auf das Fünffache stieg. Um auch den leisesten Anschein preußischer Hegemonie zu vermeiden, wurde verabredet, daß die alljährlichen Konferenzen der Zollvereinsbevoll- mächtigten nicht mehr, wie im preußisch-hessischen Verein, regelmäßig zu Berlin sich versammeln sollten; sie wanderten fortan, nach dem Belieben der Verbündeten, von Ort zu Ort, der erste Zusammentritt fand in München statt. Streitigkeiten wollte man der Entscheidung eines Schieds- richters unterwerfen, der durch einstimmigen Beschluß für jeden einzelnen Fall zu ernennen war. Doch ist ein solcher Schiedsspruch niemals an- gerufen worden — nicht weil die Eintracht ungetrübt bestanden hätte, sondern weil der Dünkel der Kleinstaaten den freiwilligen Ausgleich der schimpflichen Unterwerfung unter eine fremde Gewalt regelmäßig vorzog. Daß Bayern seine Biersteuer behielt, war unvermeidlich. Man begnügte sich daher, ein Maximum für die Konsumtionssteuern festzusetzen und die allmähliche Annäherung der Steuersysteme in Aussicht zu stellen. In einem so lockeren Bunde blieb das liberum veto und das Kündigungsrecht für Preußen ebenso unentbehrlich wie für die Kleinstaaten, als ein letztes verzweifeltes Mittel, um dem schwerfälligen Körper einen Entschluß zu ent- reißen. Nur die Hoffnung auf einen hohen politischen Gewinn konnte den preußischen Hof zu so schweren Opfern, zu einer so weitgehenden Nachsicht für die Grillen und Eitelkeiten der Mittelstaaten bestimmen. Mit über- legener Geduld erwartete Eichhorn, daß aus den fast lächerlichen Formen dieses lockeren Vereines doch eine unlösbare Gemeinschaft der Interessen emporwachsen müsse. Mieg kehrte heim in der festen Erwartung, daß der so überaus vor- teilhafte Vertrag ihm die Verzeihung für sein eigenmächtiges Vorgehen verbürge. Er täuschte sich schwer. König Ludwig konnte selbständigen Willen nicht ertragen, empfing den Freund mit bitteren Vorwürfen; daß die preußische Zollordnung sofort provisorisch eingeführt werden sollte, schien ihm eine Entwürdigung der bayrischen Krone. Der Minister wollte, tief verletzt, sein gegebenes Wort nicht zurücknehmen; er forderte und er- hielt seine Entlassung. Die österreichische Partei jubelte; „so gewinnt das eigentlich wahre Bundessystem wieder das üÜbergewicht,“ schrieb Blittersdorff befriedigt.?) Nunmehr nahm der König die Akten an sich, *) Blittersdorffs Bericht, 5. Mai 1833. v. Treitsch ke, Deutsche Geschichte. IV. 24