Abschluß mit Thüringen. 377 die gute Stadt Leipzig überließ sich einer maßlosen Verzweiflung. Eine Petition, die der k. k. Konsul Bercks geschäftig umhertrug, warnte die Regierung; die Stadtverordneten richteten eine dringende Vorstellung nach Dresden. An Zeschaus Wohnung fand sich eines Morgens ein Anschlag: „Allhier wird von einem Parvenu, einem preußischen Landrat, so säch- sischer Finanzminister geworden ist, das Land für Geld und Orden an Preußen verkauft.“ Der Taumel ergriff jeden Stand und jedes Alter. Die Leipziger Schulbuben kauften sich englische Farbkasten auf Vorrat, weil sie mit frühreifer handelspolitischer Vorsicht befürchteten, das gewohnte Spielzeug werde nunmehr für bürgerliche Geldbeutel unerschwinglich wer- den. Ein Jahr darauf schon begann für die Pleißestadt eine neue Epoche glänzender Handelsblüte; das kleine Frankfurt wurde durch den über- legenen Nebenbuhler ganz zurückgedrängt, die mächtigen Leipziger Firmen lernten bald den Frankfurter Meßrabatt für sich selber zu benutzen. Auch die Klagen der preußischen Fabrikanten verstummten, und niemand wollte die warnenden Petitionen unterschrieben haben. Zeschau selbst, der Wohl- täter Leipzigs, hat freilich von den stolzen Kaufherren der Meßstadt nie- mals irgendeine Genugtuung für so viele Schmähungen erhalten. Während diese verwickelte zweifache Verhandlung in wiederholten Unsätzen erledigt wurde, hatte Eichhorns unverwüstliche Geduld zugleich ein drittes schwieriges Geschäft zu führen: die Unterhandlungen mit den thüringischen Staaten. In Thüringen wie in Sachsen und Kurhessen wurde die beginnende Bekehrung gefördert durch den unruhigen Sommer von 1830, durch die Angst vor den murrenden Massen. Hier wie in Sachsen hoffte man anfangs, sogleich einseitige Handelserleichterungen von Preußen zu erlangen. Der weimarische Minister Gersdorff kam im Januar 1831 zugleich mit Lindenau nach Berlin, überbrachte ein Hand- schreiben seines Großherzogs, das um solche Vergünstigung bat: „dies würde in einer Periode mannigfacher Aufregungen Ubelgesinnten einen Vorwand zu schlechten Einwirkungen entnehmen.“ Auf wiederholte ähn- liche Anfragen kleiner thüringischer Höfe antwortete das Berliner Kabinett (5. Juli 1831): man sei bereit, über einen Zollverein zu verhandeln, doch nur mit allen thüringischen Staaten gemeinsam, und nur, wenn diese Höfe sich nicht mehr gebunden glaubten an den mitteldeutschen Verein. Erst als Kurhessen zu dem preußischen Vereine übergetreten war, erklärten die ernestinischen Höfe: der mitteldeutsche Verein sei tat- sächlich aufgelöst. General Lestocq, der vielgeplagte Gesandte, den die thüringischen und einige andere kleine Dynastien in Berlin auf gemeinsame Kosten ernährten, überreichte am 15. Januar 1832 eine Verbalnote: Preußen möge die Initiative ergreifen, ältere bindende Verpflichtungen beständen nicht mehr. Weimar drängte am eifrigsten; das Großherzogtum besaß an Gersdorff und O. Thon zwei treffliche Verwaltungsbeamte, die wohl