392 IV. 6. Der Deutsche Zollverein. Zollvereinsverträge wurden abgeschlossen, und da sie allesamt die bundes— treue Klausel enthielten, daß der Zollverein sich auflösen würde, sobald der Art. 19 ins Leben träte, so konnte der Bundestag der vollendeten Tatsache nicht einmal mit den Künsten rabulistischer Silbenstecherei zu Leibe gehen. Preußen war fortan der Mehrheit sicher; Münch wagte nicht mehr die hannöverschen Anträge zur Abstimmung zu bringen. Der Streit schlief ein; der Bundestag hatte abermals seine unheilbare Ohn— macht bekundet. Gleichwohl versuchte der unversöhnliche Welfenhof während der Wiener Konferenzen von 1834 noch einmal, auf dem traurigen Art. 19 heranzu- sprengen gegen den Zollverein. Und wieder hielten die Hansestädte zu den Welfen. Kein schlechterer Mann als der Bremer Smidt war der Verfasser einer Denkschrift, welche der hannöversche Minister Ompteda den Konferenzen überreichte. Die alten, soeben am Bundestage glücklich beseitigten Tor— heiten in neuer Fassung! Ein „dem Bunde fremder Organismus“ hat sich der Handelsfrage bemächtigt und erregt im Volke schon mehr Teilnahme als der Bund selber! Darum muß schleunigst ein permanenter Ausschuß am Bundestage errichtet werden zur Herstellung des Rechtszustandes und zur Beförderung des Verkehrs, insbesondere des Durchfuhrhandels. Doch jetzt, da der große Zollverein bereits ins Leben getreten war, wollten diealten Locktöne nicht mehr verfangen. Die Versammlung blieb kalt, nur Öster- reich und Mecklenburg unterstützten die welfisch-hanseatischen Träumereien. Selbst der glatte Ancillon faßte sich ein Herz und erklärte jede handels- politische Tätigkeit des Bundestages für hoffnungslos. Noch schärfer und kräftiger widersprach der Vertreter Bayerns, der geistreiche Mieg, der inzwischen die Gnade seines launischen königlichen Herrn wiedergefunden hatte. Um die Welfen nicht durch ein rundes Nein zu kränken, beschloß man endlich: die Bundesgesandten sollen mit Instruktionen versehen werden, damit der Bundestag einen Ausschuß bilden und sich mit der Handelssache beschäftigen könne. Fast genau derselbe Beschluß war vier- zehn Jahre zuvor auf den ersten Wiener Konferenzen, unter dem schallen- den Gelächter der Versammlung, gefaßt worden.?) So irrte die deutsche Diplomatie unter Metternichs umsichtiger Führung im Kreise umher. Der gequälte Geist des Art. 19 fand nunmehr endlich den Frieden des Grabes. Die Welfenkrone blieb unbelehrt. Sie schloß noch im selben Jahre (1. Mai 1834) mit Braunschweig den Steuerverein, dem nachher auch Oldenburg und Bückeburg beitraten. Es war das letzte Trümmerstück des gesprengten mitteldeutschen Sonderbundes, aber an Feindseligkeiten ließ sich jetzt nicht mehr denken. Vielmehr bildete sich bald ein freund- nachbarliches Verhältnis zwischen den beiden Vereinen. Sie unterstützten *) S. o. III. 37.