572 IV. 8. Stille Jahre. geprägt werden und blieb fortan durch viele Jahre die einzige deutsche Vereinsmünze. Damit war nichts gebessert. Da die süddeutschen Staaten ihren rheinischen Gulden noch niemals gemünzt hatten und auch jetzt noch stets zu wenig Guldenstücke prägen ließen, so überschwemmten unzählige fremde Münzen ihr Gebiet, nicht bloß die unaufhaltsamen preußischen Taler, sondern auch alte Brabanter Kronentaler, österreichische und fran— zösische Münzen; wunderbar geduldig löste das Volk täglich schwierige Rechenaufgaben mit Stücken von 2 fl. 42 Kr., 1 fl. 45 Kr., 1 fl. 10 Kr. Das Papiergeld vollends und die Banknoten galten nur in ihren Heimat- staaten als gesetzliche Zahlungsmittel, und doch liefen sie in allen Ver- einslanden um, weil der Verkehr ihrer nicht entbehren konnte. Wer eine Zahlung in Papier annahm, mußte wohl aufmerken, daß ihm nicht einige jener bedenklichen „wilden“ Scheine mit untergeschoben wurden, welche die kleinen Thüringer Landesväter im Vertrauen auf die Gutmütigkeit der Nachbarn massenhaft anzufertigen liebten. Aber wieviel auch noch an der Einheit des deutschen Marktes fehlte, ein ungeheuerer Erfolg war doch erreicht. Was Stein einst vergeblich erstrebt hatte, als er während des Befreiungskrieges den Kriegsimpost in allen deutschen Häfen einzuführen suchte, das gemeinsame Grenzzollwesen bestand jetzt wirklich. Eine Masse widrigen Gezänks, das unsere Macht geschwächt und den Charakter des Volkes geschädigt hatte, war mit einem Schlage aus der Welt geschafft. Die Nation zeigte sich zufrieden; sie fühlte, daß die Natur der Dinge zu ihrem Rechte gelangt sei. Von dem Zollkriege der alten Sonderzollvereine wollte niemand mehr hören; man lächelte nur, als Dr. Emminghaus zu Weimar jetzt noch, nach der Ent- scheidung, in einer gelehrten Schrift bewies, nach römischem Rechte seien Sachsen und Thüringen allerdings befugt gewesen, den mitteldeutschen Handelsverein zu verlassen. Die Geschäftswelt lebte sich in die neuen Formen der Zollverwaltung bald ein und zeigte den Behörden ein ehrlich erwidertes Zutrauen. Im Jahre 1826 gewährte die Magdeburger Pro- vinzialsteuerdirektion den großen Firmen nur für 13 000 Taler Zoll= und Steuerkredit; nach wenigen Jahren wuchs diese Summe schon auf mehr als eine Million, und sie blieb im Steigen, da die gestundeten Beträge stets pünktlich am Verfallstage eingingen. Unterdessen hatten die Kauf- mannschaften der großen Plätze des Ostens schon während der zwanziger Jahre Korporationsrechte erhalten und neuerdings wurden auch in den Städten der westlichen Provinzen Handelskammerngebildet, in Elberfeld und Barmen 1831. So erlangte der Handelsstand die Mittel, seine Wünsche und Beschwerden nachdrücklich geltend zu machen. Wie lange hatten die Deutschen über ihr unfindbares Bundesrecht und die Nichtigkeiten ihrer kleinen Landtage ziellos hin und her gestritten. Nunmehr entstand endlich eine wirkliche und wirksame öffentliche Meinung, die in den Interessen- fragen der nationalen Handelspolitik gebieterisch ihr Recht forderte.