132 V. 2. Die Kriegsgefahr. freundschaftlichen Gesinnung zu bestärken, und baten ihn zu Gevatter. Sie selbst legten, nach Koburgischen Grundsätzen, auf kirchliche Feier— lichkeiten wenig Wert. Friedrich Wilhelm hingegen sah in der Einladung ein feierliches Symbol des Bundes der beiden protestantischen Großmächte und erklärte sich bereit, zu der Taufe persönlich zu erscheinen. Aberdeen war außer sich vor Freude, wie Bunsen behauptete, desgleichen der edle, heroische neue Bischof von Jerusalem. Metternich aber befürchtete von dieser englischen Reise eine gefährliche Aufregung protestantischer Partei— leidenschaften, und Zar Nikolaus ließ dem Schwager besorglich vorstellen, unterwegs würde sich eine Zusammenkunft mit dem Blusenkönige Leopold oder einem der französischen Prinzen kaum vermeiden lassen.“) Im Januar 1842 kam Friedrich Wilhelm auf dreizehn Tage nach England und wurde von der amtlichen Welt mit dem höchsten Glanze empfangen. Nur ein Teil der Presse schmähte auf den deutschen Spion, Idioten und Heuchler, und Lord Brougham sprach im Oberhause die höfliche Erwartung aus, der Preuße würde von Englands Freiheit etwas lernen, die Versprechungen seines Vaters endlich ausführen. Fest folgte auf Fest, feierliche Trink— sprüche verherrlichten die Freundschaft der beiden protestantischen Nationen. Victoria entfaltete ihre ganze Liebenswürdigkeit, schmückte ihren Gast eigen— händig mit dem Hosenbandorden und trug bei den Feierlichkeiten ein Armband mit seinem Bildnis. Auch ein junger Koburg-Kohary war zu- gegen, dem der unersättliche Brüsseler Ehestifter, wie jedermann bei Hofe erzählte, schon die Hand der Königin Isabella von Spanien zugedacht hatte. Der König zeigte sich hoch entzückt von allen den britischen Institu- tionen, die er doch daheim keineswegs nachahmen wollte, und wohnte der Eröffnung des Parlaments nicht als schlichter Zuschauer bei, son- dern — wunderlich genug — gleichsam als großbritannischer Reichsver- wandter, in vollem Schmuck auf einem besonderen Sitze, der ihm zwischen dem Throne der Königin und den Plätzen der Lords bereitet war. Er hörte den Gottesdienst in St. Paul mit großer Andacht und scheute nicht die beständigen dem deutsch-protestantischen Gefühle so widerwärtigen Kniebeugungen; er besuchte, begleitet von der gottseligen Quäkerin Mrs. Fry das Gefängnis von Newgate und bewunderte mit der Aufmerksamkeit des literarischen Feinschmeckers die Aufführung Shakespearischer Lustspiele in ihrer ursprünglichen Gestalt. So verging die kurze Frist sehr genuß- reich, aber ohne wirkliche Belehrung und ohne jedes politische Ergebnis. Den nüchternen britischen Staatsmännern gefiel Friedrich Wilhelms Reisebegleiter, der unerschöpflich mitteilsame Humboldt weit besser als sein Herr, der trotz seiner geistreichen Liebenswürdigkeit doch nicht den 7) Berichte von Bunsen, 10. Dez. 1841, 7. Jan. 1842, von Liebermann, 28. Dez. 1841.