134 V. 2. Die Kriegsgefahr. als Gesandter ein so unbedingter Verehrer Englands, daß Stockmar ihn befriedigt für den fähigsten aller preußischen Diplomaten erklärte. Auf die Nachricht von neuen asiatischen Erfolgen der Engländer ließ er durch Bunsen die Glückwünsche seines Hofes aussprechen und fügte hochentzückt hinzu: „mit Großbritannien verbunden durch die Bande einer langen Allianz und einer beständigen innigen Freundschaft, sind wir gewohnt, alles, was den Ruhm und das Wohlsein des britischen Reichs vermehrt, fast ebenso anzusehen, als wäre es uns selbst widerfahren.““) So un- eigennützig übernahmen diese Gemütspolitiker im Namen ihres ehren- haften deutschen Staates gleichsam die Mitverantwortlichkeit für Englands schmachvollen Opiumkrieg! Freilich war man in Berlin über die orientali- schen Dinge schlecht unterrichtet, da Bunsen seinen britischen Freunden alles glaubte und entrüstet heim berichtete, wie sündlich sein England wegen des Opiumhandels verleumdet worden sei.“') Sehr lange konnte diese Anglomanie, die doch nur den persönlichen Neigungen des Königs und seiner Vertrauten entsprach, unmöglich vor- halten. Zu einem politischen Bündnis der beiden Mächte lag gar kein Anlaß vor, ja ihre volkswirtschaftlichen Interessen gingen augenblicklich sehr weit auseinander. Sobald Preußen einige seiner Zölle um ein geringes erhöhte, zeigte sich Peel tief entrüstet, gleich als ob England, dessen eigene Zölle noch weit höher standen, in seinen Rechten gekränkt worden wäre; und wenngleich Bunsen friedfertig erwiderte: „der Zollverein ist noch immer der beste Kunde Euerer Industrie,“ so konnte doch sein königlicher Herr selbst nicht verkennen, daß der deutsche Gewerbefleiß danach trachten mußte, dieser Abhängigkeit zu entwachsen.*) Wie wenig dem englischen Volke an dem deutschen Bündnis gelegen war, das zeigte eben in diesen Jahren Macaulays Aufsatz über Friedrich den Großen. So hochmütig, so verständnislos, so roh hatten selbst die Franzosen, die den Philosophen von Sanssouci doch immer gelten ließen, noch nie über Preußen abge- sprochen, und der glänzende Essayist sagte hier wie überall nur, was der Durchschnitt seiner gebildeten Landsleute dachte. Auch Friedrich Wilhelms kunstsinniger Freund Graf Raczynski machte seine Erfahrungen an der britischen Selbstgenügsamkeit. Als er, bei Hofe freundlich ausgenommen, die Frage aufwarf, ob man nicht deutsche Künstler einladen solle zur Ein- führung der hierzulande noch fast unbekannten Freskomalerei, da wider- sprachen die englischen Maler sehr heftig, und Sir Morton Shee erwiderte stolz: unsere Schule ist die anerkannt erste der Welt.-) Mit der Zeit fühlte auch der König selber, wie fremd ihm im Grunde die ganz moderne Weltanschauung des Koburgischen Hauses war. Ein *) Bülow, Weisung an Bunsen, 5. Nov. 1842. **) Bunsens Bericht, 10. Dez. 1842. *?*) Bunsens Berichte, 25. Juli 1842 ff. )Bunsens Bericht, 6. Mai 1842.