160 V. 3. Enttäuschung und Verwirrung. Schön ließ sich über die Schärfe des vorhandenen Gegensatzes nicht täuschen; er blieb dabei, A und Non A könnten nicht zusammengehen. Zweimal erbat er seinen Abschied, offenbar weil er noch immer hoffte, den Gegner zu stürzen. Er wußte längst, daß der König mehrmals daran gedacht hatte, ihm das Handelsministerium zu übertragen — allerdings ein sonderbarer Einfall, da Schön zwar reiche technische Kenntnisse besaß, aber als unbelehrbarer Feind des Zollvereins in der Handelspolitik sicherlich Unheil angestiftet hätte — und erwar nicht nur bereit, diesem Rufe zu folgen, er traute sich's auch zu, den gesamten Ministerrat zu leiten. Immer wieder kam er in Briefen und Gesprächen auf den allein rettenden Ge— danken zurück: wir brauchen „ein reguliertes Ministerium“, an dessen Spitze „ein wissenschaftlich gebildeter Staatsmann mit voller Erfahrung“ stehen muß; und von solchen Staatsmännern besaß die Monarchie nach seiner Meinung nur einen einzigen! Mit leidenschaftlicher Erregung verfolgte die Provinz diese Kämpfe; denn von allen deutschen Stämmen halten die Ostpreußen, neben den Holsten, den Schwaben und den Schlesiern, am festesten untereinander zusammen; und Schön liebte, alle Vorwürfe, die ihm aus Berlin zu— kamen, als Verdächtigungen der Treue seines Heimatlandes aufzufassen, um sie dann mit hoher patriotischer Entrüstung zurückzuweisen.“) So erschien Rochow bald jedem stolzen Ostpreußen fast wie ein persönlicher Feind. Mittlerweile verbreitete sich in der Provinz plötzlich das Gerücht von zahlreichen Brieferbrechungen; Schön sprach darüber, als ob ein Zweifel gar nicht möglich wäre. Der König aber, der schon nach seiner Thronbesteigung, zum Kummer des alten Nagler, alle solche schlechte Künste streng untersagt hatte, sendete sofort den Obersten Below mit außer- ordentlichen Vollmachten in seine Heimat, um eine scharfe Untersuchung vorzunehmen. Sie brachte schlechterdings nichts Bedenkliches an den Tags-); indessen ließen sich die Altpreußen ihren Verdacht nicht nehmen. Nun begann auch die schwache konservative Partei der Provinz sich zu regen. Unter dem Vorsitze des übelberufenen Landrats v. Hake versammelten sich im Februar einige Grundbesitzer zu Preußisch-Holland, um zu erklären, daß sie die Adresse der Freunde Jacobys mißbilligten und dem absoluten Könige unbedingt vertrauten. Hocherfreut erwiderte Rochow einem der Teilnehmer, der Monarch habe die loyalen Grund- sätze der Versammlung mit Wohlgefallen ausgenommen.) Da liefen von verschiedenen Seiten Anzeigen gegen Hake ein; man beschuldigte ihn eines Kassendefekts, und Schön beeilte sich in einem grimmigen Berichte die Nichtswürdigkeit dieses politischen Gegners mit grellen Farben zu schildern. *) Kabinettsordre an Thile, 30. März; Thiles Bericht an den König, 31. März 1841. *“) Kabinettsordre an Below, 10. März: Belows Bericht an Thile, 24. März 1841. *#) Rochow an Regierungsrat v. Bessel, 1. März 1841.