168 V. 3. Enttäuschung und Verwirrung. sein Amt mit einem Gefühle der Entsagung. Er war bereit, den Tadel für alle Mißgriffe und Mißerfolge seines königlichen Herrn ritterlich auf sich zu nehmen; aber der große staatsmännische Ehrgeiz, der seinem Zeit— alter die Richtung geben will, blieb ihm fremd, und für einen so selb— ständigen Willen war in diesen Jahren auch kein Raum. Wie das neue System in Posen durch Arnims plötzliche Abberufung gestört wurde, so kam auch die für Frankfurt geplante unternehmende Bundes- politik sogleich wieder ins Stocken, da Graf Maltzan nach kurzer Amtsfüh- rung tödlich erkrankte, und nunmehr der Bundesgesandte Heinrich von Bülow im Frühjahr 1842 das Auswärtige Amt übernahm. In Petersburg und Wien ward diese Ernennung mit Mißtrauen aufgenommen, da der Freund Lord Palmerstons dort für einen schlimmen Liberalen galt; in Berlin erwartete man von dem geistreichen Manne, der einst an der Begrün- dung des Zollvereins so rührig teilgenommen hatte, eine entschlossene nationale Handelspolitik. Gleich darauf starb der alte Ladenberg, und Graf Stolberg übernahm neben dem Hausministerium noch die Verwal- tung der Domänen. Also war nach zwei Jahren das Staatsministerium endlich ganz neu gestaltet. In ihren alten Stellen blieben nur noch: der kränkelnde Nagler, der sich, ärgerlich über die neue Zeit, ganz auf sein Postfach beschränkte, der ebenfalls stark gealterte Rother und der Justiz- minister Mühler. — Der veränderte Charakter des Regiments offenbarte sich auch in der unruhigen Reiselust des neuen Herrschers, der gern unterwegs war, soweit es die mangelhaften Verkehrsmittel irgend erlaubten. Auf die Huldigungsreisen folgte im Spätsommer 1841 ein längerer Aufenthalt in Schlesien. Den Breslauer Stadtbehörden ließ der König sagen, daß er von ihnen weder ein Fest noch einen feierlichen Empfang annehmen wolle, weil sie beim schlesischen Landtage die Berufung der Reichsstände befürwortet und also „offene Opposition“ getrieben hätten. Die Breslauer antworteten ehrfurchtsvoll, das sei ihr gutes Recht gewesen, und als sie dann nochmals durch Abgesandte einluden, ließ der Zürnende sich besänftigen. Er wurde glänzend empfangen, freute sich tiefbewegt des patriotischen Jubels seiner treuen Schlesier, die zugleich den hundertsten Jahrestag ihrer Vereinigung mit Preußen feierten, und bezauberte wieder alle Herzen, als er zum Ab- schied in begeisterter Rede der alten Stadt „noch tausend Jahre wie diese hundert“ wünschte. Den Stadträten aber sagte er in einer Audienz: was ihm eine fünfundzwanzigjährige Erfahrung als unzweckmäßig gezeigt, das lasse er sich durch keine Macht der Erde abzwingen; sie sollten sich hüten, der Zeit vorzugreifen; was kommen solle, komme doch. So verlangte er wieder unbedingtes Vertrauen auf Pläne, deren Sinn niemand ent- rätseln konnte.