280 V. 4. Die Parteiung in der Kirche. und allerdings mußte Brühl selbst nach Einsicht der Akten eingestehen: „der Mann war nicht wahr.“ Der mildere Kardinal Capaccini gab im Vertrauen zu, daß Droste für die Verwaltung des Erzbistums völlig ungeeignet sei; doch auch er meinte: zuerst müsse der Vertriebene feierlich. wieder eingesetzt werden, späterhin könne er dann vielleicht altershalber abdanken und den Kardinalshut erhalten. Um Vorwände waren die Monsignoren nicht verlegen. Bald sagten sie: das Domkapitel müsse für die Preisgebung seines Oberhirten gezüchtigt werden; bald wieder: die katholische Presse verlange diese Sühne; oder auch: der heilige Stuhl schulde eine Genugtuung dem schwer beleidigten Episkopate, der aller— dings überall, selbst in Amerika, den preußischen Kirchenstreit wachsam verfolgte und dem Märtyrer zu Münster zahlreiche Trostbriefe sendete. Die Absicht war klar: der ketzerische König sollte sich in den Staub werfen vor dem ungehorsamen Bischof — ganz wie es dieser selbst vor zwei Jahren verlangt hatte.“) Erfolglos blieb auch eine Fahrt nach dem schattigen Bergschlosse von Castel Gandolfo, wo der Papst seine Sommerfrische hielt. Gregor lebte ganz in seinem mönchischen Gedankenkreise; er verstand von Politik sogar noch weniger als Lambruschini, las nur eine Zeitung, den streng klerikalen Univers und glaubte alles, was darin stand. Er be— handelte den Abgesandten mit väterlichem Wohlwollen und sprach dankbar von der edlen Gesinnung des Königs; doch immer wieder brach der alte Mönchshaß gegen das ungläubige Deutschland durch; immer wieder hieß es: der Papst kann das nicht! Von „dem Papste“ redete Gregor stets wie von einem höheren Wesen, das mit seiner eigenen Person nichts ge— mein hätte; und wenn deutsche Protestanten oder orthodoxe Russen ihm versicherten, es gäbe nur ein Rom, dann pflegte er zu antworten: „Nun liebe Kinder, kommt herein; warum bleibt ihr draußen?“ — Nach drei peinlichen Wochen reiste Brühl heim, ohne jedes Ergebnis, aber mit der festen überzeugung, daß man im Vatikan selbst wünsche, den westfälischen Störenfried auf gute Art zu beseitigen.**) Seine Ahnung trog ihn nicht. Bald nach ihm kehrte auch Wilhelm Schadow von einer Romfahrt zurück, der berühmte Direktor der Düssel— dorfer Kunstakademie, der längst zur katholischen Kirche übergetreten war und, nach der Weise der Konvertiten, die allerstrengste klerikale Ge— sinnung betätigte. Schadow hatte in Rom mit Capaccini gesprochen und erbot sich jetzt, nach den Weisungen des Kardinals vertraulich mit Droste zu verhandeln, falls der König es gestatte. Friedrich Wilhelm genehmigte den sonderbaren Antrag, der ihm durch General Gröben gemeldet wurde, und fügte seinerseits die bestimmte Weisung hinzu: Droste dürfe nicht nach Köln zurückkehren, sondern müsse sich's gefallen lassen, daß der Papst *) S. o. IV. 706. **) Brühls Berichte, Rom, 20. Aug. bis 5. Sept. 1840.