Abel und der Landtag. 313 zweige. Das Heer verkam, die schlecht unterhaltenen bayrischen Landstraßen standen bei den süddeutschen Nachbarn in bösem Rufe; und wie das Unter- richtswesen daniederlag, das erfuhr der Landtag staunend, als die Ver- treter der drei Universitäten, der konservative Lutheraner Stahl und die Klerikalen Moy und Ringseis völlig übereinstimmend die Dürftigkeit ihrer Hochschulen schilderten. Am tapfersten sprach Stahl; der Verfassung ge- mäß bestritt er dem Ministerium rundweg das Recht, über die Erübrigungen nach Belieben zu verfügen. Zur Strafe befahl ihm Abel, das Fach des Staatsrechts aufzugeben und fortan Vorlesungen über Zivilprozeß zu halten. Diese höhnische Mißhandlung erleichterte ihm die Annahme des Rufs nach Preußen; sie hinderte freilich nicht, daß der freimütige Gelehrte von den aufgeklärten Berlinern sofort als ein Serviler beschimpft wurde. Die Universitäten aber sanken bald noch tiefer, weil Abel ihnen eine neue Studienordnung auferlegte mit übel ausgewählten Zwangskollegien und zahlreichen Zwischenprüfungen, die alle akademische Freiheit vernichten mußten; er wiegte sich in dem Wahne, daß die Künste ohne die freie Wissenschaft auf die Dauer blühen könnten. Der neue Landtag, der um Neujahr 1840 zusammentrat, verlief an- fangs still, da der König kein Bedenken trug, viele Abgeordnete persönlich unter Androhung seiner Ungnade zum Gehorsam zu ermahnen, andere durch Abels Barschheit eingeschüchtert wurden.) Wieder wie so oft schon hatte die Regierung einer langen Reihe von Staats= und Gemeinde- beamten den Urlaub für den Landtag verweigert; sie beanspruchte jetzt sogar das Recht, auch die Rechtsanwälte nach Belieben von der Kammer aus- zuschließen. Selbst darüber kam es nicht zum Bruch, und die heikle Streit- frage wegen der willkürlichen Verwendung der Erübrigungen wurde durch den plötzlichen Schluß des Landtags einfach abgeschnitten. Die evangelischen Abgeordneten, die fast ein Drittel der Kammer ausmachten, zeigten sich sehr versöhnlich; sie wollten den Landtag nicht zum Tummelplatze kon- fessionellen Zankes machen und beschlossen unter sich, ihre kirchlichen Be- schwerden in einer besonderen Denkschrift dem Könige selbst vorzutragen.) Die Beschwerdeschrift klagte über die parteiische Behandlung der gemischten Ehen; wurde doch sogar das erzwungene Versprechen katholischer Kinder- erziehung durch Abel für rechtsgültig erklärt. Sie wies ferner nach, wie die Regierung in Neuburg, Landshut, Perlach und anderen Orten die Bildung evangelischer Gemeinden verboten, auch Betsäle, die mit amt- licher Erlaubnis schon eröffnet waren, wieder geschlossen hatte; in Ingol- stadt versuchte die vom Klerus aufgewiegelte katholische Bürgerschaft selbst den Bau einer evangelischen Kirche zu hintertreiben. Sogar den Namen „evangelisch“ bezeichnete der Minister als unzulässig, als eine Beleidigung *) Dönhoffs Bericht, 6. Jan. 1840. **) Dönhoffs Bericht, 28. Febr., Vorstellung der unterzeichneten Mitglieder der protestantischen Kirche, Febr. 1840.