324 V. 4. Die Parteiung in der Kirche. aus dem bayrischen Walde, von einem bayrischen Katholiken, von einem Pfarrer der Diözese Eichstädt, und wie die Verfasser sich sonst nannten. Da hieß es: die katholische Kirche ist in Bayern um ein halb Jahrtausend älter als das Haus Wittelsbach — oder auch: vergesset nicht, daß der größte und der körperlich kräftigste Teil des bayrischen Volkes für die römische Kirche zu kämpfen bereit ist! Höfler aber, bei weitem noch nicht der Wildeste unter den Klerikalen, sagte in einer Schrift über Wredes Anträge: wenn manche der hochgeborenen Reichsräte glaubten, die Mönche wären nicht im Geiste der Zeit, so meine das Volk vielmehr, der Adel sei nicht mehr im Geiste der Zeit; auf den Vorwurf, die Redemptoristen störten den kirchlichen Frieden, erwiderte er höhnisch: dieser Friede ist längst zerstört, seit Luthers Auftreten. Also suchte die Partei, da sie ihren Sturz nahe sah, sich durch terroristische Drohungen noch krampfhaft zu halten. Dem Könige indessen drängte sich nun doch die Frage auf, ob sein Haus sich auf solche geistliche Jakobiner stützen könne, und er verbat sich zunächst weitere Adressen. Hierauf gingen die Klerikalen im Landtage selbst zum Angriff vor. Es genügte ihnen nicht mehr, daß der Klerus das gesetzliche Verbot des Übertrittes Unmündiger beharrlich umging; sie verlangten jetzt Aufhebung des Verbots. Zur Unterstützung dieses Antrags wurde der greise Münchener Erzbischof Gebsattel von seinem streitbaren Kanonikus Windischmann auf- gestiftet. Der gutmütige Herr veröffentlichte noch kurz vor seinem Tode einen feierlichen Protest, der sich auf die Großtaten der heiligen Kinder Vitus und Agnes berief und dann zu dem bündigen Schlusse gelangte: da das Konkordat die vigens ecclesiae disciplina anerkenne, so müsse auch der Übertritt der Kinder gestattet werden. Dieser dreiste Versuch, das Konkordat über die Verfassung zu stellen, beunruhigte den König von neuem. In der Kammer drangen die Ultramontanen nicht durch. Die Libe- ralen ließen sich auch nicht schrecken, als Döllinger, jetzt der feurigste Redner der Regierungspartei, ihnen revolutionäre Absichten vorwarfs; sie witterten Morgenluft und wagten schon wieder Anträge auf Preßfreiheit und öffent- liches Gerichtsverfahren einzubringen. Die aufgeregten Verhandlungen wurden zwar im Mai 1846 durch das erprobte Mittel der plötzlichen Landtagsschließung abgeschnitten. Doch die Unruhe im Lande hielt an, Graf Bernstorff berichtete traurig: es geht nicht mehr weiter.) Ahnlich empfand der König selbst, er bereitete schon einen Systemwechsel vor. Gise und Schrenck, die unfähigen Minister des Auswärtigen und der Justiz wurden entlassen; der Kriegsminister Gumppenberg blieb freilich zunächst noch im Amte, obwohl die wüste Zuchtlosigkeit in den überfüllten Münchener Kasernen täglich zeigte, wie gewissenlos die Militärverwaltung ihre Pflichten verabsäumte. *) Bernstorffs Bericht, 13. Juni 1846.