486 V. 6. Wachstum und Siechtum der Volkswirtschaft. lich ähnliche Vergünstigungen, wie sie Hannover durch seinen Sonder— vertrag erlangt, auch für den Zollverein gefordert; sie verlangte, daß England alle Fahrten deutscher Schiffe in der gesamten Nord- und Ostsee als direkte Fahrten behandeln solle. Die Briten weigerten sich, denn inzwischen war Gladstone, der geschworene Feind Deutschlands in das Kabinett eingetreten. Da kündigte der Berliner Hof (1847) den Ver— trag von 1841, der einst die Süddeutschen so sehr erbittert hatte, und bewies damit abermals, daß er wirklich nicht gemeint war, sich von England ins Schlepptau nehmen zu lassen. Diese Kündigung erregte in Downingstreet heftigen Unwillen, und doch trug sie dazu bei, daß endlich ein Entschluß zur Reife kam, der ohnehin schon längst in dem neuen Whig-Kabinett erwogen wurde. Seit dem Beginne der Freihandels- politik ließ sich Cromwells Werk, die Navigationsakte kaum noch halten; die übermächtige englische Handelsflotte bedurfte auch nicht mehr dieser Stütze, die ihr volle zweihundert Jahre hindurch so große Dienste er- wiesen hatte. Um Weihnachten 1847 ward der Ministerrat einig; die Thronrede kündigte dem Parlamente an, daß die Navigationsakte demnächst fallen solle. Die deutsche Schiffahrt durfte also in naher Zukunft eine lange gewünschte Erleichterung erwarten. Ungeschreckt durch das Mißlingen seines Schiffahrtsbundes, brachte der unermüdliche Duckwitz doch noch ein für die deutsche Schiffahrt folgen- reiches Unternehmen zu stande. Wie kläglich lag unsere Ausfuhr noch danieder: als der unternehmende Fritz Harkort seinen Dampfer „Rhein“ geradeswegs von Köln nach London zu senden wagte (1837), da mußte er das Schiff, damit es nur die See halten konnte, mit Pflastersteinen füllen. Und was für lächerliche Kämpfe hatte Duckwitz vor wenigen Jahren erst gegen die bösen Welfischen Nachbarn führen müssen. Damals beabsichtigte er, auf der oberen Weser bis nach Hameln hinauf eine Dampfschiffahrt einzurichten; daß dies möglich war, hatte Harkort durch eine kühne Probe- fahrt schon bewiesen. Alle die landesüblichen kleinen Bedenken und Hinder- nisse waren endlich beseitigt; bei Liebenau aber, auf hannoverschem Ge- biete lagen mitten im Strombett einige Felsblöcke, die den Fluß für die gewöhnliche Fahrt der Dampfschiffe sperrten. Diese Liebenauer Steine zu sprengen, hielt die hannoversche Regierung für unmöglich; sie wollte auch an das aussichtslose Wagnis kein Geld verschwenden, weil der Flußver- kehr der Zollkasse weniger einbrachte als die Frachtfuhren auf den Land- straßen. Da erschien eines Tages bei Duckwitz einer von Harkorts Fahrt- genossen, der Schiffer Rolff aus Preußisch-Minden und erklärte dreist: „wenn Sie mir 250 Taler versprechen, so schaffe ich die Liebenauer Steine weg.“ Er empfing die Zusage und erwirkte sich auch die Erlaubnis des hannoverschen Amtmannes, der den tapferen Preußen für einen toll- dreisten Narren hielt. Nach einigen Wochen kam er wieder nach Bremen und meldete: „die Liebenauer Steine liegen hier im Hafen!“ So ward