Rothers Bankreform. 503 daß sein trocken geschäftliches Wesen den geistreichen Monarchen lang— weilte, und fragte sogar einmal ehrlich an, ob er das Vertrauen Sr. Maje— stät noch besitze. Darauf antwortete der König sofort sehr gnädig — denn er wußte wohl, daß er keinen treueren Diener besaß —: „schlagen Sie sich die Grillen aus dem Kopf und freuen Sie sich vielmehr des großen Vertrauens Ihres herzlich wohlgeneigten F. W.“ Zugleich schrieb er, so- eben aus dem Theater heimgekehrt, an Thile: „Hier, teuerster Thile, ein Brieflein des alten Rother, welcher raset. Beruhigen Sie ihn einstweilen und beweisen Sie ihm, daß er, chose incro vable, mit seiner Einbildungskraft durchgeht. Ich komme ganz durchbebt von klas- sisch-hellenischem Weh, von des alten schuldlosen Frevlers Odipus Laios' Sohnes donnerumhallt geheimnisvollem Ende.“ ) Trotzdem fühlte sich der Minister bedroht. Als im Dezember 1845 der Handelsrat versammelt wurde, um unter dem Vorsitze des Monarchen die Vorschläge Bülow- Cummerows zu vernehmen und alsdann zu entscheiden: ob Staatsbank oder Nationalbank? — da sagte Rother zu seinen Freunden bitter: ich werde nur mitberufen, weil ich ein alter Esel bin.“) Er sollte sehr an- genehm enttäuscht werden. Es war doch ein gar zu ungeheuerlicher Ge- danke, daß man diese Preußische Bank, die sich zum Ruhme der Monarchie aus hoffnungsloser Zerrüttung so ehrenhaft wieder emporgearbeitet hatte, mitsamt ihren erprobten Beamten und ihren alten Geschäftsbeziehungen jetzt plötzlich aufgeben wollte, um eine ganz neue Schöpfung zu wagen. Und welche Sicherheit bot das neue Unternehmen? Bülow selbst, der reiche, unabhängige Grundherr, hegte unzweifelhaft die besten Absichten, obgleich ihn die Berliner Geheimen Räte als einen gefährlichen Streber verleumdeten; er lebte nach dem guten Wahlspruche des zahlreichsten deut- schen Adelsgeschlechts: „alle Bülows ehrlich.“ Aber die von ihm gegründete Ritterschaftliche Privatbank in Stettin, welcher die Anfänge des pommer- schen Chausseebaus zu danken waren, stand niemals ganz fest; ihre Ge- schäftsführung zeichnete sich weder durch Klugheit noch durch Ordnung aus. Solche Erwägungen machten auf Friedrich Wilhelm tiefen Eindruck. An seinen übrigen Herrschergaben begann er jetzt schon oft zu zweifeln, doch als ein getreuer Haushalter wollte er immer erfunden werden; seine Pflich- ten gegen die Staatsfinanzen nahm er sehr ernst, und in diesen Ge- schäften ging auch sein Urteil selten fehl. Bülow-Cummerows Vorschläge wurden also verworfen, der Bankpräsident schlug den Finanzminister. Die peinliche Frage, ob die 10 Mill. Banknoten nicht eine ungesetzliche Vermehrung der Staatsschuld bedeuteten, blieb vorerst unerledigt. Sie ließ sich jetzt, da der Staat ja nicht alleiniger Eigentümer der Bank bleiben sollte, fast mit gleich guten Gründen bejahen oder verneinen; *) Rother an den König, 31. Okt.; König Friedrich Wilhelm an Rother 1. Nov., an Thile 1. Nov. 1845. **) Nach Kühnes Aufzeichnungen.