578 V. 7. Polen und Schleswigholstein. konnten diese leeren Worte wirken, da sie doch nichts zurücknahmen? Graf Reventlow-Preetz wurde im Schlosse Plön nicht vorgelassen, als er noch einmal herbeikam, um dem Monarchen die Augen zu öffnen; mit den auf- sässigen Landständen Holsteins wollte Christian nichts mehr zu schaffen haben. So hielt denn die Bewegung im Volke an. Schon im Juli beschloß eine große Volksversammlung in Neumünster, auf Antrag des Anwalts Lorentzen: das Land müsse festhalten an den drei Kernsätzen seines alten Rechts und nötigenfalls sich an Deutschland anschließen. Als Th. Ols- hausen eine zweite große Volkskundgebung bei Nortorf veranstalten wollte, wurde er gefangen nach Rendsburg abgeführt, die Nortorfer Versamm- lung ging vor der herannahenden bewaffneten Macht ruhig auseinander; Olshausen aber mußte wieder frei gegeben werden, und die Kieler begrüß- ten ihn bei der Heimkehr wie einen Triumphator. Der Herzog von Augustenburg hatte unmittelbar vor dem Erscheinen des Offenen Briefes den Kopenhagener Hof besucht, um seine Söhne vor- zustellen, und dort eine überraschend freundliche Aufnahme gefunden; der gnädige König ernannte sogar die beiden jungen Prinzen zu Oberstleut- nants, was die Dänen verstimmte und die deutsche Königin bösen Nachreden aussetzte.) In denselben Tagen aber bereitete Christian den Gewaltstreich gegen die Rechte seiner Agnaten heimlich vor. Als der unerwartete Schlag erfolgt war, legte der Herzog alsbald Verwahrung ein und sendete sodann eine Beschwerde an den Bundestag. Alle Prinzen der augustenburgischen und der glücksburgischen Linie schlossen sich ihm an. Nur der junge Prinz Christian von Glücksburg stellte sich auf die Seite des Königs; der hatte vor kurzem eine Tochter der Landgräfin Charlotte geheiratet und baute auf die Zukunft der hessischen Linie. Der Großherzog von Olden- burg behielt sich ebenfalls feierlich seine Erbansprüche vor. Auch die Kieler Universität trat sofort wieder auf den Kampfplatz. Sie besaß zwar in ihren Lehrkörpern noch zwei fanatische Dänen, Flor und Paulsen, während in Kopenhagen längst kein Gelehrter mehr ein Wort zu Gunsten der Herzogtümer wagte; aber die deutsche Gesinnung überwog durchaus. Dahlmann selbst, der nach seiner gewissenhaften Weise die schwie- rige Erbfolgefrage lieber noch vertagt und erst genauer geprüft hätte, konnte nun nicht mehr verkennen, daß der Offene Brief mit der Unteilbarkeit der Lande zugleich die gesamte Verfassung bedrohte, und erklärte sich offen für seine Landsleute. In seinem Sinne lehrten jetzt die jungen Historiker Waitz und Droysen; für das deutsche Recht im Norden einzustehen, galt als Ehrenpflicht unter den Kieler Gelehrten. Neun Professoren der Uni- versität, voran der alte Falck, veröffentlichten eine scharfe, in allem We- sentlichen siegreiche Widerlegung des Kommissionsbedenkens, und der König fühlte sich so unsicher, daß er ihnen nur einen sanften Verweis erteilen *) Schoultz v. Ascheradens Bericht, 28. Juni 1846.