Annahme des Notgesetzes Weimar, 10. Februar Die sogenannte vorläufige Reichsgewalt ist in den Sattel gesetzt worden, wenn auch vorerst nur auf dem Papier. In allen drei Lesungen ist das Notgesetz angenommen, das die Satzungen für den neuen Verein der deutschen Wahlberech- tigten enthält, den wir an Stelle des alten Reiches bekommen haben. Das Reichsschwert ist zerbrochen, nachdem die Reichs- krone dahingerollt war, und eine Reichsgewalt ist überhaupt nicht mehr da; in Weimar verteilt man den Ornat, und anders- wo wird noch scharf geschossen. Das ist die wahre Lage. Daran ändert auch das halbe Pfund Fett nichte, das die Amerikaner jedem Heutschen versprechen, wenn wir es doppelt bezahlen und außerdem unsere Flotte ganz abliefern. Oie Reichs- gewalt, die in Spaa und Trier kaum mehr stammelt, sondern nur noch nach Diktat schreibt, reicht vorerst kaum über das Landestheater in Weimar hinaus. Schon in den Dörfern um Weimar herum, wo die Regierungstruppen einquartiert sind, wird verhandelt. Ein Teil der Truppen hat gestern erklärt, es sei zum Auswachsen langweilig, und wenn es nicht anders werde, machten sie nicht mehr mit. Daraupfhin sind diesen Schutzherren der Reichsgewalt zwei „Heitere Abende“ wöchent- lich zugesagt worden, für die man Kräfte der biesigen Hof- oper verpflichtet hat. Auch in der Nationalversammlung selbst hat es heute den ersten heiteren Abend gegeben, nachdem während der bis- berigen drei Sitzungstage nur je ein Leitartikel von betrüb- lichem Mittelmaß gesprochen worden war. Oie Deutsche Volkspartei und die Deutschnationalen geben nur die kurze, würdige Erklärung ab, daß sie, um uns überbaupt verhand- 27 4—