log die Tribüne. Von dem jetzt bei den Demokraten gelan- deten Abgeordneten Dr. Friedberg sagte einst Liebermann v. Sonnenberg, er habe einen wehmütigen Zug um die Beine. Dr. Preuß hat diesen Zug um den Mund. Wenn er ibn aber nicht schon hätte, so hätte er ihn jetzt bekommen, denn „seinen“ Verfassungsentwurf, dieses deutsch-demokratische Prokrustes- Bett für das Reich, hat ihm das Staatenhaus böse verschandelt. So erleben wir denn ein Schauspiel, das entschieden den Reiz der Neuheit hat: Der Regierungsvertreter Dr. Preuß kritisiert die Regierungsvorlage in Grund und Boden. Schön findet er an ihr in seiner Autoreitelkeit nur das, was er daran entworfen hat. Was das Staatenhaus aber hinein- korrigiert habe, das, so wünscht er, möchte die National- versammlung wieder herausstreichen. Auf die eigenen Ge- sandten und die eigenen Briefmarken haben die größeren Eliedstaaten verzichtet, nicht aber auf ihre Rechte in Heer und Kirche und Schule, vor allem nicht auf die Souveränität in ihren eigenen Grenzen; kein Reichsgesetz dürfe gegen ihren Willen diese Grenzen verändern. Das große Zerlegemesser, das Dr. Preuß gegen Preußen schon gezückt hatte, ist ihm also vorerst aus der Hand geschlagen worden; er erbittet es aufs neue von der Nationalversammlung, die ja als einzige verfassunggebende Instanz sich um die Einwände des Staatenhauses nicht zu kümmern braucht. Aber auch so schon ist Preußens Stellung dahin. Nach dem Entwurf gehört zu Verfassungsänderungen im künftigen Reicherat, jetzigen Staatenhaus, ehemaligen Bundeerat, eine Zweidrittelmehr- heit, und da Preußen nicht mehr als ein HOrittel der Stimmen erhalten darf, obwohl es vier Siebentel der deutschen Bevölkerung umfaßt, kann es also jederzeit überstimmt und majorisiekt werden. Der Riese ist erlegt. Die Kleinen und die Zwerge balgen sich. 64