die Linke, und daher stimmt sie der Vorlage auch zu, die in einer einzigen Vormittagesitzung in zwei Lesungen ange- nommen wird. Es geht ungemein schnell, da die Mehrbeits- parteien sich auf ganz kurze Reden beschränken und nicht wie sonst ein halbes Dutzend Minister noch dazwischen redet. Oie Lehre von gestern hat doch gut geiirkt. Zwar klagen Gröber und Siehr beweglich darüber, daß die Opposition dieses wichtige Gesetz, das nicht um eine Stunde verzögert werden dürfe, um einen ganzen Tag aufgehalten hätte, aber sie wissen wohl selber, wer bier an der Verschleppung die Schuld trägt. Schon vor zwei Wochen hätte die Reichswehr deschlossen werden können, aber die regierende Mehrbeit hatte ja Wichtigeres zu tun, sie mußte endlose Parteireden balten. Das ist sogar der klugen Demokratin Dr. Gertrud Bäumer als so ungeschickt aufgefallen, daß sie neulich mit unschuldigem Augenausfschlag sagte, ob es hier wirklich immer nach dem Gebot aus Goethes Faust gehe: „Ou mußt es drei- mal sagen!“ Zwei Ostmärker, der Heutschnationale Baerecke aus Elbing und der Oeutsche Volksparteiler Aßmann aus Bromberg, stellen, ohme daß sich lärmender Widerspruch erhebt, ausdrück- lich fest, daß die heutigen erbärmlichen Zustände unter dem alten Spstem unmöglich gewesen wären, ja daß man sogar in Weimar nur deshalb so ruhig tagen könne, weil die alten Berliner Schutzleute das Hohe Haus behüteten. Noske und der Demokrat Langhbeinrich können demgegenüber nur er- klären, daß die Reichswehr insofern doch etwas Neues sein werde, als darin jedermann, der militärisches Talent zeige, zu den höchsten Stellen emporklimmen könne, daß keine Vor- züge der Geburt, des Vermögene, der Bildung mehr gelten sollten. Das klingt vortrefflich. Aber ohne Wissen kein Kön- nen. Der Bildung wird ein Offizierkorps nie entraten können. Es ist auch unter dem alten System mehrfach vorgekommen, # 66