Volksparteiler Or. Heinze, der frühere sächsische Justizminister und Kronjurist, mit der zweiten großen staatsmännischen Rede dieses Tages. Oelbrück hat ihm viel Wind aus den Segeln genommen. So befindet er sich denn nicht in besonders günstiger Lage, weiß aber trotzdem das Haus ebenso wie der Nachbar von der Rechten in den Bann seiner Ausführungen zu zwingen. Er und Oelbrück sind die beiden einzigen, die den vaterländischen Takt besitzen, in dieser Stunde der Not auf jede Parteipolemik zu verzichten und nur Positives zu bieten. Das ist die Erhaltung Preußens als Großmacht, wovon poli- tisch und kulturell der Bestand des Reiches abhängt; nicht umsonst suchte und fand Bismarck die dem Reiche nötige Kraft in dem preußischen Königtum. HOas sei jetzt dabin. Dafür müsse die Reichsgewalt gestärkt werden; auch in der Republik wünschten wir keinen Präsidenten, der jederzeit absetzbar, jederzeit strafrechtlich verantwortlich sei. Unser Parlamentarismus aber bedürfe in den Einzelstaaten — Oelbrück hatte dasselbe für das Reich vorgeschlagen — der Er- gänzung durch ein Oberhaus mit berufsständischem Wahlrecht. Es ist beute eine der ruhigsten Sitzungen, die wir in Weimar erlebt haben, weil alles lauscht, weil alles, was noch deutsch empfindet, mit heißen Wangen und beißen Herzen dasitzt. Es dämmert auch in der Mehrheit dem und jenem eine Ahnung davon aufs, daß wir nicht durch Reden und Majoritäts- beschlüsse über die Berfassung das Reich so wieder aufbauen können, wie Biemarck es durch Blut und Eisen schuf. Die Verfassung ist ein Paragraphenkleid, ein Druckheft mit toten Buchstaben. „Wenn Gott einem Volke hat helfen wollen“, sagt Dr. Martin Luther, „so hat er es nicht durch Bücher getan, sondern er hat ihm Männer geschickt!“ Nach diesen Männern, nicht nach der Berfassung schreit unser gepeinigtes Volk. Die es gestürzt bat, die kommen nicht wieder. Wenn Vott une helfen will, erstehen uns aber neue. 74