Aber die guten Freunde haben für die Geste diesmal weniger ubrig als sonst. Man ist nervös. Was aus Weimar hinausdringt, erscheint beinahe nicht mehr als so wichtig wie das, was nach Weimar hereinschallt. In dieser Nervosität lãßt man sogar ganz versehentlich einmal den gesunden Menschenverstand, nämlich einen Antrag der Opposition, siegen. Einige besonders krasse Notverordnungen unserer Regierung sollen sofort im Ausschuß auf ihre Haltbarkeit geprüft werden, darunter die eine, die jeden Bauern- und Landarbeiterrat (oft sind das ganz ar- und halmlose Oorf- schreier) ermächtigen, einem Grundbesitzer das Recht auf die Bestellung seiner Felder zu entziehen, wenn er nach Ansicht dieses Rates seine Pflicht nicht in landwirtschaftlich richtiger Weise tut. Das Zentrum, die Demokraten, ja sogar einige Sozialisten erheben sich bei der Abstimmung mit Recht für die Korrektur dieses Unsinns. Sonst aber wird das Übergangs- gesetz in dritter Lesung unverändert angenommen. Sämt- liche BVerordnungen der Regierung Ebert-Scheidemann- Landeberg seit dem 9. November behalten also Rechtskraft, soweit sie nicht innerbalb drei Monaten von der National- versammlung außer Kraft gesetzt werden. Die Verordnungen füllen aber gedruckt ganze Schränke. Es wäre vollkommen unmöglich) sie in einem Vierteljahr allesamt auch nur kurz durchzuberaten. Tut nichts. Wenn nur die Regierung ihren Zolinder spiegelblank bekommt! Wie Bangquos Geist beim Festmahl erscheint in dieser Ge- sellschaft die hohe, gebückte Gestalt des baverischen Bauern- bündlers Dr. Heim am Rednerpult. Erschauern geht durch die Reihen, als er verkündet, ihm krampfe sich bei der ganzen parlamentarischen Wichtigtuerei in Weimar das Herz zusam- men. Nach wenigen Monaten würden wir kein Brot mehr in Deutschland haben. Der Schauer verstärkt sich, als die neuesten Nachrichten vom inneren deutschen Kriegsschauplatz 76