ihm allmählich in den kahlen Schädel steigt. Von der Rechten wird ihm entgegengerufen, es müsse ein unabhängiges Gericht sein. Das sagt er zu. Es fragt sich nur, was ein Scheidemann unter Unabhängigkeit versteht. Zedenfalls meint er ein ganz anderes Gericht als dasjenige, das in dem Verfassungsentwurf für Verfehlungen von Staatomännern vorgesehen ist. Die ganze Affäre ist beispiellos, ist überhaupt ohne Vorgang in der deutschen Geschichte; man muß schon auf die Zeit der fran- zösischen Revolutionsgerichte zurückgreifen, um etwas Ahn- liches zu finden. Die Regierung weiß in ihren Nöten nicht mehr aus. noch ein. Sie ist auf der schiefen Ebene, gedrängt von den Unab- hängigen und Spartakisten, ins Rutschen gekommen. Sie bringt ein vollkommen kommunistisches Steuerprogramm, das den berühmten Satz des alten Mihilisten Proudhon wider- spiegelt: „Eigentum ist Diebstahl.“ Sie wird auch dadurch die Dränger von links nicht befriedigen. Nun greift sie zu ihrem letzten Mittel. Sie wirft den Wölfen ein Opfer vor die Füße, das sie zerreißen sollen. Dieses Opfer soll Ludendorff heißen. Einer unserer Besten. Ourch die „Ludendorfferei“ haben wir uns viereinhalb Jahre lang einer Welt von Feinden erwehren können; durch die „Scheidemannsucht“ sind wir binnen sechs Monaten zu einem, wie Scheidemann es heute selber schildert, ruinierten Volke geworden. Der feine Ton Weimar, 27. März Am Fuße des Goethe-Schiller-Denkmals vor dem National- tbeater liegt noch immer der Kranz, den Herr Ebert den beiden Frledrich der Vorläufige 113 6