virat im Kultusministerium versetzte. In der merkwürdigen Amtsehe Hoffmann-Haenisch war Haenisch die „bessere Hälfte“ und — das „schwächere Geschlecht“. Er unterschrieb die tollsten Erlasse des Zehngebote-Hoffmann mit, trug mit der Unterschrift auch die Verantwortung für all das schamlose Zeug; dann aber wandte er sich hinter Hoffmanns Rücken mit einer Leidensmiene zum Publikum und rang die Hände. Ein Snob des Sozialiemus, der sich auf seine „Kultur“ so viel zugute tut wie der Genosse Südekum einst auf seine 12 Paar Lackschuhe im Stiefelschrank mit Kaltluftventilation. Ein Schönredner des Sozialismus, der auf die Kritiklosen wirkt wie der Rattenfänger auf die Kinder von Hameln. Za, die Mädchen, die haben's so gerne, — wenn Haenisch am Redner- pult steht; schon so mancher zwanzigjährigen Seminaristin hat er nicht das Herz, aber den Kopf verdreht. Wenn man ihn hört, dann ist der Sozialismus etwas ganz anderes, als er sich in der Praxie zeigt, dann ist er etwas so Einleuchtendes, Verbindliches, Allerliebstes; mit einer fabelhaften Gewandt- heit balanciert Haenisch, wie der Kellner das Tablett, seine Schüssel voll glitzernder Schlüsse über den Köpfen der Um- sitzenden. Er ist mehr Equilibrist denn Charakter. Heute hat er das Gesetz über die Aufhebung der geistlichen Ortsschul- inspektion zu begründen. Er tut es in seiner bekannten chevaleresken Art mit liebenswürdiger Verbeugung vor dem Zentrum. Aber das Zentrum ist gegen solche „Faxen“" gefeit. Namens der Partei — die übrigens, wie alle anderen, der Aufhebung der veralteten Inspektion zustimmt — verliest Abgeordneter Herold trocken die Bedingung, unter der das Zentrum seinerzeit überhaupt in die Regierung eintrat: Erhaltung der konfessionellen Volksschule. 149