krippe der Gesandtenposten in Riga nach der Revolution zufiel, bricht — man denke — eine Lanze für die „baltischen Barone“ und stimmt eine Totenklage auf das untergehende Deutschtum der Ostseeprovinzen an. Das ist eine sehr billige Sentimentalität post festum. Oen Frieden von Brest-Litowst, der das Deutschtum im Baltikum retten sollte, haben die Herren Roten uns doch verdorben, und den Oeutschen unserer eigenen Ostmart, die sich jetzt gegen ihren Untergang wehren wollten, die Waffe aus der Hand geschlagen. Oie Einsicht, die Winnig in Riga gewonnen, wird in der Praxis nicht an- gewendet. Auch daß die früher materiell so hochstehende deutsche Arbeiterschaft, die von ihren belgischen, englischen, französischen Genossen beneidet wurde, durch die Revolution und ihren Scheidemann-Frieden „um Jahrhunderte zurück- geworfen“ ist, wissen die Leute, aber sie treiben eben eine Politik wider besseres Wissen. Die Vertreter der nationalen Presse in Weimar werden heute von allen Seiten mit leuch- tenden Augen gesucht und freundschaftlich auf die große Sen- sation gestoßen. „Nun, was sagen Sie zu Winnig?“ Wir sagen, daß er, wie Noske und andere seines Wuchses, nur die Fassade eines großen Mannes ist, kein Großer selbst. Es sind Leute, denen die Erkenntnis dämmert, aber sie ziehen nicht die Folgerungen daraus, die ein Ehrlicher und Starker daraus zöge. - Eine weitere Sensation, freilich mehr eine für die Feuille- tonisten, ereignet sich mitten während der Rede des Genossen Katzenstein. Eine gut gekleidete Dame in Schwarz geht lang- sam zur Rednertribüne hinauf und postiert sich neben ihn. Alles lacht über die Frau Abgeordnete, die ihr Interesse an Katzenstein und seinen Worten so weit treibe. Katzenstein selbst, der die Situation nicht ahnt, wird ganz verstört über das dauernde Gelächter. Ein Abgeordneter redet der Dame gut zu, worauf sie sich vom Rednerplatz entfernt und — am 190