eigene Verantwortung tun durfte und tun mußte. Zu einer Kriegserklärung bedarf es in jedem Falle eines Reichsgesetzes, und Abgeordneter Dr. Heinze von der Deutschen Volkspartei führt, ohne bei der breitstirnigen Mehrheit auf Verständnie zu stoßen, im einzelnen aus, was das bedeute: also je einen Beschluß des Reichsrats und des Reichstags, und wenn beide uneins seien, eine erneute Beschlußfassung, und wenn sie dann noch nicht übereinstimmten, eine Volksabstimmung; da könne ja vielleicht die Kriegserklärung mit dem Friedeneschluß zu- sammenfallen. Damit sind die bizarren Möglichkeiten, die unsere neue Verfassung uns eröffnet, aber noch nicht einmal erschöpft. Abgeordneter Heinze hätte auch noch fragen können, wie es mit einer Kriegserklärung zu halten sei, wenn wir erstens parlamentarische Ferien und zweitens den üblichen Eisenbahnerstreik haben. Aber das sind ja alles querelles allemandes. Solange wir diese Republik, diese Verfassung haben, wird Deutschland nie in der Lage sein, auch nur einen Abwehrkrieg zu führen, sondern muß sich immer weiter ruhig ins Gesicht schlagen lassen, soviel es den Nachbarn beliebt. Natürlich steht in der Berfassung auch ein Paragraph, den bäuchlings Herr Erzberger hineingeschrieben hat, daß wir nämlich bei etwaigen Bündnieabsichten uns damit zunächst dem Völkerbunde anvertrauen müßten. Da wir zu ihm aber noch gar nicht zugelassen sind, bringt Abgeordneter Gröber wenigstens die Würde auf, diesen Kriecherparagraphen ab- zulehnen und seine Streichung durchzusetzen. Eine namentlich von den Unabhängigen sehr lebhaft geführte Debatte schließt sich endlich an die Bestimmung, daß der Reichspräsident den Belagerungszustand erklären könne. Die Aufregung darüber ist ganz unnütz. Erstens geht auch das nur auf einem For- mular, auf dem sich auch das parlamentarische Ministerium durch Unterschrift verewigt, so daß es also ganz gleichgültig ist, ob daneben noch „Friedrich Ebert, Reichspräsident“ steht 194