Die Verabschiedung der Königstreuen Weimar, 19. Zuli In Amerika ist jeder Beamte bie berunter zum Schutzmann voy dem Ausfall der politischen Wahlen abbängig. Oa er damit rechnen muß, eines schänen Tages, wenn die andere Partei gesiegt hat, brotlos dazustehen, so versucht er natürlich nach Möglichkeit, sich die Taschen vollzustopfen, solange er noch an der Staatskrippe sitzt. Das ist die Hauptursache der Korruption in dem Dollarlande. In England haben wir ähn- liche Zustände. Sogar die Damenämter des Hofes werden dort nur mit Zustimmung der gerade am Ruder befindlichen Partei vergeben, und ein besonderer „master of patronage“ hat die Verteilung der Amterbeute an die Parteigenossen unter sich. Allmählich sollen auch wir, die wir seit Friedrich Wilhelm I. an einen kenntnisreichen und rechtlichen Beamten- stand gewöhnt sind, statt dessen mit den Troßbuben der Partei beglückt werden. Oiese Umwandlung ist schon lebhaft im Gange, und zwar nicht nur etwa, wie Erzberger heute in der Nationalversammlung scheinheilig erklärt, innerhalb der poli- tischen, der Regierungsbeamtenschaft allein. Auch technischen Betrieben werden Parteifunktionäre übergeordnet, ja sogar in den Hallen der Kunst gilt das Parteiprogramm als Einlaß- karte. So hat in Weimar sofort nach dem Novemberumsturz der regierende Herr Baudert, von Beruf Strumpfwirker und auch sonst ein recht braver Mensch, den außerordentlich kunst- und musikverständigen Theaterintendanten v. Schirach durch den Schriftsteller Ernst Levi-Hardt ersetzt, der allenfalls einen Haueschlüssel von einem Vieolinschlüssel unterscheiden kann, und der ach so reiche Staat Sachsen-Weimar muß nun die Gehälter für beide bezahlen, denn Schirach hatte noch seinen 228