ganz drei Stunden, erledigt werden. Es ginge schneller noch, wenn nichk die Sozialdemokraten aus agitatorischem Bedürf- nis zu verschiedenen Paragraphen neue Anträge eingebracht hätten. Sie haben gar keine Oisziplin als Regierungepartei. Sie wollen bei den nächsten Wahlen damit paradieren, daß das gesamte Bürgertum „nur“" bis zu 70 v. H. beim Weg- besteuern gegangen sei, während sie auf 80 b. H. beantragt hätten. ODa,e ist eine sehr billige, aber erfolgreiche Methode. Wären 100 v. H. vorgeschlagen, also die vollkommene Kon- fiskation, so würden sie 110 v. H. fordern. Von verschiedenen bürgerlichen Seiten wird darauf bingewiesen, daß man im Begriffe sei, die Henne zu schlachten, die die goldenen Eier lege; die Gesetze träfen nicht nur die Kriegsgewinnler und Schieber, sondern auch die ehrliche Arbeit, und die vorge- schlagene Staffelung sei schon das äußerste, was man sich leisten dürfe, um nicht die Bolkswirtschaft zu ruinieren. Die Sozialdemokraten antworten mit den alten Gemeinplätzen aus der Volksversammlung. · Man drängt zu schnellem Schlusse nicht nur aus Opfer- freudigkeit, sondern auch aus Rücksicht auf das Weimarer Publikum, das heute von der sozialdemokratischen Partei auf neun Uhr abends zu einer Verfassungefeier in das Landes- theater geladen ist; und vorher müssen doch noch die Scheuer- frauen ans Werk. Jedermann hat heute abend freien Zu- tritt. Prolog, Festrede, Musik, es ist alles da, und sogar hervorragende Musik unter Leitung des Hofkapellmeisters Dr. Peter Rabe. Die Festrede hält der sozialdemokratische Innenminister David, die Musik folgt mit der fünften Sym- phonie in C-Moll von Beethoven. Dem Publikum geht es also so wie den kleinen Kindern: wenn man zuerst den Leber- tran geschluckt hat, kriegt man zur Erholung etwas himmlisch Süßes binterdrein. 275 **