Frauen im Parlament Weimar, 17. August Männer machen Geschichte. Männer machen Gesetze. Oas war immer so und — das ist auch noch so. Trotz des aktiven und passiven Wahlrechts der Frau, die heute drei Dutzend Vertreterinnen in der Deutschen Nationalversamm- lung hat. Wenn wir auf die sechs Monate Weimar zurück- blicken und uns vorstellen, es seien keine Frauen dabei- gewesen, wäre da wirklich eine Lücke fühlbar? Die Frauen selbst werden das nicht zu behaupten wagen. Oaß es einzelne gibt und stets gegeben hat, die keinem Manne an politischer Intelligenz nachstehen, wußte man schon vorher. Aber man könnte sämtliche in Weimar gebaltenen Frauenreden strei- chen, und niemand würde den Mangel, merken. Meist sind es überdies keine Reden gewesen, sondern Auf- sätze. Am gewähltesten, nicht nur in ihrer Kleidung, sondern auch in ihrer Sprache, ist die demokratische Frau Dr. Bäumer. Eigentlich Fräulein Dr. Bäumer. Aber den weiblichen Ab- geordneten wollte man ja ebenso wie den unehelichen Müt- tern durchaus den Frauentitel zuerkennen. ODie Suffragetten unter ihnen, bei den Bürgerlichen linka Dr. Bäumer, bei den Bürgerlichen rechts Dr. Schirmacher, legen Wert darauf; die liebe Behm dagegen, die trotz grauen Scheitels so ur- wüchsig frische, bleibt gerne das Fräulein.Die gewählte Sprache von Frau Dr. Bämmer ist wie ein laues Bad, an- genehm, aber nicht herzhaft. Ihre Rede ist meist ein Drum- berumgerede, reicht an die Sachlichkeit eines beliebigen männlichen Abgeordneten gleichviel welchen Standes nicht beran, ähnelt allenfalls den Reden Naumanne, die im Augen- blick bezaubern und nach vierzehn Tagen Makulatur sind. 300