— 241 — Die herangebildeten Lehrerinnen sollen Erwachsene und Kinder unterweisen, nicht blos sorgfältiger und besser zu flechten als bisher, sondern ihnen auch Uebung im Schnellflechten verschaffen, worin man z. B. in der Schweiz so große Uebung hat. Sie sollten aber auch darauf sehen, daß nur besseres Stroh zum Flechten verwendet und daß auch die Fertigung anderer Artikel gelernt würde, als vorwiegend Geflechte, so z. B. Untersetzer, Körbe, Badeschuhe, Pantoffeln, Stuhl- sitze, Taschen, Markt= und Luxuskörbchen u. s. w. Endlich sollte vermittelst der Flechtschulen darauf hingewirkt werden, daß die Land- wirthe sich bestrebten, besseres Flechtstroh zu gewinnen, indem sie die Art der Aussaat, die Zeit des Schnittes und die Behandlung des Strohes nach dem Schnitte nach den Bedürfnissen der Strohflechterei regelten. (Vergl. die Berichte der Handels= und Gewerbekammer Dresden 1868 bis 1887.) Das beste Material ist Weizenstroh; namentlich aus dem An- lande des Müglitz= und Lockwitzthales, aus dem Saazer und Leit- meritzer Kreise. Seine Beschaffung macht oft große Schwierigkeiten; die Ein- bringung desselben verlangt außergewöhnliche Sorfalt. Namentlich muß es vor Nässe geschützt werden. Selbst der Thau macht es fleckig. Ein nasser Sommer liefert daher nur schlechtes Rohmaterial. Das Weizenstroh hat einen hohen Grad von Festigkeit, Zähigkeit und Biegsamkeit; dabei eine gleichmäßige gelbe Farbe. Man sät bärtigen Sommerweizen sechsmal so dicht wie beim Körnerbau, damit die Halme recht fein werden. Die Halme werden vor der Reife, wenn die Aehren erst halb ausgebildet sind, mit der Wurzel gezogen und vor Nässe bewahrt. Das Stück von der Aehre abwärts bis zum ersten Knoten ist das beste. Die Halme werden in zwölf Feinheitsnummern und nach der Länge sortirt. Die feineren Sorten heißen „Schaum“, die gröberen „Rohr“. Stärkeres Stroh wird vermittelst des Strohspalters in Streifen von 1 bis 4 mm gerissen. Zum Flechten nimmt man 3 bis 14 Halmstreifen. Die starken Geflechte Ganzhalm zum Färben, melirte Geflechte)g sind zum großen Theile durch die schwarzwälder und chinesischen Geflechte verdrängt. Den größten Theil der Strohgeflechte bildet „Zacken- geflecht“. Der alte sächsische „Siebenhalm“ ist nicht mehr so gesucht, für den Arbeiter mühsamer und auch weniger lohnend; da- gegen hat in den letzten Jahren das feine „Doppelhalm“"= und das gespaltene weiße Siebenhalmgeflecht wieder an Absatz gewonnen. Die Namen der Geflechte sind so verschieden als die Arten derselben. Das sieben= und elfhalmige, welches eigentlich über- « 16