— 357 — wieder aufgebaut worden. Von dem großen unregelmäßigen Markt gingen fünf Hauptgassen aus, darunter der Brühl, welcher bis an das Dorf Rößgen sich erstreckte. Die Stadt bildete ein eigenthümlich gedrücktes Oval. Die Straße von Rochlitz nach Hainichen theilte sie in eine Nord- und eine Südhälfte; die erstere war sehr klein, die andere sehr groß. Der Brühl und die Straße nach Chemnitz schnitten die Stadt in zwei gleich große Theile, eine Osthälfte und eine West- hälfte. Die Stadt galt im Mittelalter für eine starke Feste; 1430 wurde sie jedoch von den Hussiten, trotz hartnäckigen Widerstandes, überwältigt und in Brand gesteckt. Was die Brände von 1498 und 1551 vom Wiederaufbau verschont hatten, ging im Brande von 1624 und im dreißigjährigen Kriege zu Grunde, der durch Brand, Plünderungen und Erpressungen den Wohlstand vollständig vernichtete. Der Bergbau Mittweidas ging in dieser Zeit ebenfalls zu Grunde. Nur die aus dem 14. Jahrhunderte stammende Leinen-Industrie kam später wieder empor. Die große, wahrscheinlich Anfang des 16. Jahrhunderts nahe der Stadtmauer erbaute Hauptkirche gehört allem Anscheine nach in die Zeit der großen erzgebirgischen Kirchenbauten, wenngleich sie in vielen Einzelheiten von den anderen großen Kirchen abweicht. Gegen 60 m lang, 30 m breit und im Gewölbe 20 m hoch, bildet sie eine eigenthümlich zweischiffige Kirche, wo auf der Mittelachse des Schiffs vier Säulen stehen, während sich auf der Nordseite ein niedriger Gang mit darüber befindlichen Emporen, sowie die große Sakristei anschließt. Beim Eintritt vom Westportale tritt man in eine breite Vorhalle, in welcher einige bemerkenswerthe Grabsteine, sowie ein alter, gut erhaltener Taufstein von Rochlitzer Stein stehen. Die achtkantigen Säulen des Schiffes ohne Kapitäle tragen das Kreuz- gewölbe mit einfachen Gurten. Das Gewölbe des Altarplatzes über- spannt denselben in einem Bogen und ist von hervorragender Schön- heit. Jede der ziemlich flach in der Wand liegenden Säulen ist am Gurt mit zwei Köpfen geziert, und unter dem Mittelfenster ist ein auf beiden Seiten mit Köpfen geschmücktes, von Adlern über- ragtes Tabernakel aus Rochlitzer Stein, wahrscheinlich aus dem 14. Jahrhundert. Der Altarplatz stammt dementsprechend aus einem älteren Kirchenbau. Der Altar, in Holz, bunt, farbig und vergoldet, giebt in kleinen Figuren eine Darstellung des Abendmahles, darüber ein Bild Gethsemane und darüber Christus in Ueberlebensgröße, die vier Evangelisten in Dreiviertellebensgröße, sehr gut geschnitten; weiter oben Bilder und Figurenaufbau. Die Darstellung des Christus ist bemerkenswerth. An der Kanzel, welche von einem lebensgroßen sitzenden Moses