— 441 — und es klöppelten nur noch alte Frauen, die das Nähen nicht gelernt hatten. Denn schon in dieser Zeit wurde die Klage laut, daß der uralte Klöppelsack sich nur mit Ehren würde behaupten können, wenn er nicht immer schlechtere Waare lieferte. Die Spitzenklöppelei hatte für das Erzgebirge eine ganz außerordentliche Wichtigkeit erhalten; sie hat aber auch viele und schwere Krisen zu bestehen gehabt. Im Allgemeinen erhielten die Spitzenklöppler Muster und Zwirn von den Verlegern (Verkäufern) und wurden nach der Masse der Nadeln, welche bei Ausführung des Musters gesteckt werden mußten, pro Schock Nadeln bezahlt. Die Arbeitgeber verkauften die Spitzen an die Fabrikanten (Kaufleute) oder vertrieben sie im Hausirhandel. Die Namen der Spitzen waren äußerst verschieden. Um 1800 unter- schied man die Muster Bierebrod, Wasserlinseln, Pfefferkücheln, Gold- wurzeln, Häsle, Trommeln, Bäumle, Krohägeln u. s. w. und bei den schwarzen Spitzen noch besonders Herzeln, Ochsenköpfe, Schlangen, Hahnbuttel, gute Blume, Schwanzbirne, Ochsenauge u. s. w. Die Länge der Stücke war verschieden; bis zu 57 m. Anfang dieses Jahrhunderts wurden die sächsischen Zwirnspitzen noch aus wirklichem Leinenzwirn gemacht. Der Grund der Spitzen wurde in verschiedenen, künstlichen Klöppelarten gefertigt, Valencienner-, Kreuz-, Nadel= oder Erbsgrund; das machte die Spitzen solid und haltbar, aber auch theuer. Um die Arbeit zu beschleunigen und bei billigerem Preise noch einen Lohn zu haben, machte man den Grund nur aus dem einfachen Schlag; dann wandte man aber auch baum- wollenen Zwirn an und mit der Verringerung des Erzeugnisses ging die Klöppelei zurück, besonders seitdem die Bobbinetmaschine ein dem geklöppelten Spitzengrunde ähnliches Fabrikat lieferte. Die Klöppelei warf sich nunmehr auf die Anfertigung schwarz= und weißseidener Blonden, kam besonders um 1840 wieder in Aufnahme, wo haupt- sächlich schwere, schwarzseidene Spitzen gesucht waren; aber seitdem die Ende der 50er Jahre eingeführte Klöppelmaschine, eine Art Rund- schnurmaschine, die Arbeit besser und fast um die Hälfte wohlfeiler liefert, ist der Anfertigung aller geringeren Spitzensorten der Todes- stoß gegeben. Um 1870 zählte man noch gegen 11.000 Spitzenklöppler, dar- unter 4000 Kinder, im westlichen Ober-Erzgebirge. Man fertigte damals nur geklöppelte Spitzen: Bettspitzen in der Umgebung von Aue und Schwarzenberg; weiße Zwirnspitzen, vorzugsweise Malines mit Halbgrund in Schneeberg und Umgegend; Valenciennes in Breiten- brunn, Rittersgrün und Pöhla; weißleinene Guipüre und Clunyspitze in Rittersgrün, Pöhla und Raschau. Die schwarze Guipürespitze hatte sich über das ganze Arbeitsgebiet verbreitet und die übrigen