— 442 — Spitzengenres zurückgedrängt. Die mit der Nadel hergestellte Point- spitze (Points d’'Alencon) wurde ausschließlich im böhmischen Klöppel- distrikt hergestellt. Der günstige Geschäftsgang der vorangegangenen Jahre, wie bis 1872, erhielt der Spitzen-Industrie, deren Fortbestand schon wieder- holt bezweifelt worden war, Arbeitskräfte und Arbeitsgebiet. Beides vergrößerte sich sogar, denn die amtlich aufgestellte Zahl von 9000 Spitzenklöpplern blieb hinter der Wirklichkeit zurück. Aber die Verschlechterung der Waaren in Qualität, Solidität und Muster, und mit ihr das Bestreben, durch Wohlfeilheit Absatz zu gewinnen, verursachten einen bedeutenden Rückgang. Die besseren französischen Handspitzen kamen in Aufnahme und die Mode wendete sich schon vor mehr als 10 Jahren fast vollständig von den Spitzen ab. Valenciennes und weiße Guipürespitzen wurden kaum noch ver- langt; Bett= und Torchonspitzen, sowie Faconsachen (Hauben, Barben, Fanchons) fanden etwa Käufer, und von den Schleiern, besonders den bis zu 3 m langen spanischen, wurden nur noch großgemusterte, kost- bare, und im Winter Spitzentücher, hauptsächlich in schwarzer Guipüre gesucht. Zur Hebung der Spitzen-Industrie hatte man schon frühzeitig Klöppelschulen errichtet; so z. B. 1808 in Schneeberg, 1814 in Neustädtel, 1816 in Ober-Wiesenthal, 1817 in Pöhla und Crotten- dorf sowie nach dem Nothjahre 1817 in Aue, Bermsgrün, Breiten- brunn, Crandorf, Hundshübel, Nieder-Haßlau (zwei), Neustadt bei Falkenstein, Ober-Planitz, Nieder-Planitz, Rittersgrün (drei), Rothen- kirchen, Ober-Schlema, Schwarzenberg, Johanngeorgenstadt, Wilkau, Zschorlau, Grünhain, Elterlein, Ehrenfriedersdorf, Hammer Unter- Wiesenthal, Unter-Wiesenthal, Jöhstadt und in neuester Zeit in Brand bei Freiberg. « Crottendorf, Neustadt und Johanngeorgenstadt sind eingegangen. Die Klöppelschulen hatten in den letzten Jahren, besonders 1880, wo die Gorlnäherei einen außerordentlichen Umfang gewann, schwere Zeiten durchzumachen, da mit allen erdenklichen Mitteln und Vor- spiegelungen Arbeiterinnen, und zwar hauptsächlich Kinder, für die Gorlnäherei angeworben wurden. Mit Ausnahme der Klöppelschule in Neustädtel, in welcher von jeher nur Malines= und Chantilly-Spitzen geklöppelt wurden, be- schäftigt man in sämmtlichen Klöppelschulen die Anfänger mit Bett- spitzen und geht von diesen allmälig auf Guipüre= und Torchon-= spitzen über. Diese letztere Gattung bildet ein vorzügliches Lehrmittel, besonders für die älteren, geübteren Schüler, da sich in ihr die ver- schiedenen Techniken der Guipüre-, Chantilly= und Valenciennes-