— 42 — von Kneignungs= und Genußfähigkeit und die Arbeitstüchtigkeit zu entwickeln und zu steigern, was beides durch Unterricht und darauf aufgebaute Krbeit erreicht wird, werden schwer festzustellen sein. Der ganze Kulturprozeß, das Kulturleben und die Kultur- arbeit, vollzieht sich in der Kktion der Kufnahme und Wiedergabe, des Empfangens und Gebens. Wir eignen uns an und nehmen auf, was sich uns darbietet, und erzeugen und schaffen Ueues, oder ver- mehren und verfeinern Dorhandenes. Je aufnahmefähiger und je schaffensfreudiger eine Nation ist, um so reicher, voller und lebendiger ist ihr Kulturleben. Jede Be- schränkung der Erxziehung auf die eine der beiden Seiten der mensch- lichen Tätigkeit führt zu verhängnisvollen Einseitigkeiten. Keine bloß rezeptive Dressur des Gedächtnisses, keine bloß formale Denk- arbeit, keine vorwiegend ästhetisierende Erziehung, keine bloße Drohnenerziehung! Kber auch keine bloße Hrbeitsbienenerziehung, die für die breiten Dolksschichten und für die ärmere Jugend im besonderen häufig für ausreichend gehalten wird. Je unbefangener ein Erziehungsprogramm das Kind als werden- den Menschen nimmt, um so mehr vermag es seinen -Sweck zu er- reichen. Sreilich, ganze Menschen sind im einzelnen schwer oder über- haupt nicht zu bilden. Kber eine Nation, in deren Bestande von dem menschlich Großen nichts fehlt, läßt sich erziehen. Und daran unter sorgsamster chonung und ökonomischer #usnutzung der indivi- duellen Kräfte zu arbeiten, ist die Kufgabe der öffentlichen Schule. 3. Schulpflicht. PDreußen. „Jeder Einwohner, welcher den nötigen Unterricht für seine Ninder in seinem hause nicht besorgen kann oder will, ist schuldig, dieselben nach zurück- gelegtem fünften Jahre zur Schule zu schicken."“ „Der Schulunterricht muß so lange fortgesetzt werden, bis ein Kind nach dem Befunde seines Seelsorgers die einem jeden vernünftigen Menschen seines Standes notwendigen Nenntnisse gefaßt hat.“ (llgemeines Landrecht, Teil II, Titel 12.)