unseren Ruhm finden in der Achtung jedes Menschen, in der Er— kenntnis des Adels der Arbeit, jeglicher ehrlicher Arbeit. Der starrste Aristokrat der modernen Welt erscheint als ein Demokrat neben jenem Aristoteles, der unbefangen die Worte schrecklicher Herzenshärtigkeit spricht: „Es ist nicht möglich, daß Werke der Tugend übe, wer das Leben eines Handarbeiters führt.“ Durch solche Erwägungen wurden schon längst die tieferen Na— turen veranlaßt, sorgsamer zu betrachten, auf welchen Grundlagen die vielbeneidete Freiheit der Briten ruht. Sie fanden, daß dort keine allmächtige Staatsgewalt die Geschicke der fernsten Gemeinde bestimmt, sondern jede kleinste Grafschaft ihre Verwaltung selber in der Hand hält. Diese Erkenntnis der segensreichen Wirkung des Selfgovernment war ein ungeheuerer Fortschritt; denn der ent- nervende Einfluß eines alles bevormundenden Staates auf die Bürger läßt sich kaum düster genug schildern, er ist darum so unheimlich, weil die Krankheit des Volkes erst in einem späteren Geschlechte in ihrer ganzen Größe sich offenbart. Solange das Auge des großen Friedrich über seinen Preußen wachte, hob der Anblick des Helden auch kleine Seelen über ihr eigenes Maß em- por, seine Wachsamkeit spornte die Trägen. Doch als er dahin- ging, hinterließ er ein Geschlecht ohne Willen, gewohnt — wie Napoleon III. von seinen Franzosen rühmt — jeden Antrieb zur Tat vom Staate zu erwarten, geneigt zu jener Eitelkeit, welche das Gegenteil echten nationalen Stolzes ist, fähig einmal aufzu- wallen in flüchtiger Begeisterung für die Idee der Staatseinheit, aber unfähig sich selber zu beherrschen, unfähig zu der größten Arbeit, die den modernen Völkern auferlegt ist. Zu kolonisieren, den Segen abendländischer Gesittung unter die Barbaren zu tragen vermögen nur solche Bürger, welche im Selfgovernment gelernt haben, im Notfalle als Staatsmänner zu handeln. Die Besor- gung der Gemeindeangelegenheiten durch besoldete Staatsbeamte mag technisch vollkommener sein und dem Grundsatze der Arbeits- teilung besser entsprechen; jedoch ein Staat, der seine Bürger in Ehrenämtern die Sorge für Kreis und Gemeinde freiwillig tragen 14