rechte der neueren Verfassungen. Sie enthalten mitten unter Phrasen und Torheit die Magna Charta der persönlichen Frei— heit, worauf die moderne Welt nicht wieder verzichten wird. Freie Bewegung in Glauben und Wissen, in Handel und Wandel ist die Losung der Zeit: auf diesem Gebiete hat sie ihr Größtes ge— leistet; diese soziale Freiheit bildet für die große Mehrzahl der Menschen den Inbegriff aller politischen Wünsche. Man darf sagen, wo immer der Staat sich entschloß, einen Zweig des ge- selligen Wirkens ungehemmt sich entfalten zu lassen, da ward seine Mäßigung herrlich belohnt; alle Wahrsagungen ängstlicher Schwarzseher fielen zu Boden. Wir sind ein anderes Volk ge- worden, seit uns der Weltverkehr hineinzog in sein Wagen und Werben. Vor zwei Menschenaltern noch erklärte Ludwig Vincke als sorgsamer Präsident seinen Westfalen, wie man es anfangen müsse, um nach englischem Muster eine Landstraße auf Aktien zu bauen. Heute überspannt ein dichtes Netz freier Genossenschaften jeder Art den deutschen Boden. Wir wissen: durch seinen Kauf- mann mindestens wird auch der Deutsche teilnehmen an der edlen Bestimmung unserer Rasse, daß sie die weite Erde befruchten soll. Und schon ist kein leerer Traum, daß aus diesem Weltverkehre dereinst eine Staatskunst entstehen wird, vor deren weltumspannen- dem Blicke alles Schaffen der heutigen Großmächte wie armselige Kleinstaaterei erscheinen wird. — So unermeßlich reich und viel- gestaltig ist das Wesen der Freiheit. Darin liegt die tröstliche Gewißheit, daß zu keiner Zeit unmöglich ist, für den Sieg der Freiheit zu wirken. Denn gelingt wohl einer Regierung zeitweise die Teilnahme des Volkes an der Gesetzgebung zu untergraben: nur um so heftiger wird sich der Freiheitsdrang der modernen Menschen auf das wirtschaftliche oder auf das geistige Schaffen werfen, und die Erfolge auf dem einen Gebiete greifen früher oder später auf das andere hinüber. Uberlassen wir den Knaben und jenen Völkern, die immer Kinder bleiben, mit leidenschaftlicher Hast der Freiheit nachzujagen wie einem Phantome, das den Gierigen unter den Händen zerfließt. Ein reifes Volk liebt die Freiheit 16