Hermann von Oppen, der beim Anzug des Feindes die Tore von Schönsee öffnen ließ und also die Feste verteidigte. Die wüsten Sitten der Gäste begannen dem Orden selber verderblich zu werden, und schlimmer noch als die Heere hauste das unge— ordnete leichte Kriegsvolk der Struter (latrunculi heißen sie in den lateinischen Chroniken), das in dichtem Gewölk den Heeren beider Teile folgte. Und doch erkennen wir leicht auch in solchem verworrenen Kriegs- getümmel den Grundcharakter des Ordens, seinen Januskopf, der mit dem einen Gesicht hinausschaut in den hellen Bereich moderner politischer Gedanken, mit dem anderen zurückblickt in die ver- schwommene Traumwelt des Mittelalters. Abgeschwächt freilich war längst der unversöhnliche Gegensatz christlichen und heidnischen Wesens#. Schon unter Winrich von Kniprode schloß der Orden, was sein Gesetz streng verbot, zum ersten Male einen Frieden mit den Heiden. Doch um so zäher hielt der Ordensstaat an dem politischen Gedanken seiner Kriege, an dem Plane, das Litauer- reich zu brechen, das die Provinzen der Düna und der Weichsel trennte. Im Jahre 1398 erfüllte sich ein guter Teil dieser Ab- sichten, da das Samaitenland dem Orden abgetreten ward und nun die gesamte baltische Südküste den Deutschen gehorchte. Keines- wegs ward dies Ziel erreicht allein durch jene räuberischen Kriegs- reisen adliger Gäste. Oftmals rückte die gesamte organisierte Wehrkraft des Militärstaats ins Feld — so in dem glorreichsten Jahre der Ordensgeschichte 1370. Damals fiel des großen Win- rich Ordensmarschall mit dem harten Herzen und dem harten Namen, Henning Schindekopf, als Sieger in jener gräßlichen Rudauschlacht, die noch heute im Gedächtnis der Altpreußen lebt. Diesen Sieg entschieden die Maien der Bürger — waffenkundige Genossenschaften von Patriziern und Zünftlern, die in guten Zeiten jeden Frühling in festlichem Aufmarsch aus den Toren zogen, den König Lenz nach alter Sitte einzuholen, aber wenn das Kriegs- geschrei erscholl, unter der Führung ihres Ordenskomturs zu den Fahnen des Ordens stießen. In ernst-fröhlicher Weise verstand 86