schen Abdera, war er zur Welt gekommen, mitten im Wirrwarr des Kriegslagers der Reichsarmee, unter den Feinden Preußens; die preußischen Kanonen brummten dem Kinde das Wiegenlied, und wenig fehlte, so wäre der Knabe auf dem Rückzuge in der Nacht nach der Torgauer Schlacht von den Hufen der Pferde zer— treten worden, hätte ihn ein mitleidiger Grenadier nicht aufgehoben. Nachher die öde freudlose Zeit, da er in Schilda barfuß die Gänse hütete, bis endlich die katholischen Verwandten in Würzburg sich seiner erbarmten. Der Heimatlose wußte niemals recht, zu welchem deutschen Stamme, noch zu welcher Kirche er eigentlich gehörte. Dann die wilden, tollen Studentenjahre in Erfurt, eine kurze Dienst- zeit bei den österreichischen Reitern, eine Fahrt nach Amerika mit den Unglücklichen, die der Ansbacher Markgraf den Briten ver— kaufte. Darauf der preußische Dienst: im Anfang glänzende, über— schwengliche Hoffnungen, dann wieder die leere Nichtigkeit des subalternen Lebens, so armselig, so niederdrückend, daß dieser Feuer- geist, der sich einst fast in seinen eigenen Gluten verzehrt hatte, jetzt ernstlich Gefahr lief, zum Philister zu werden. Als dann die weltverwandelnden Geschicke über Preußen hereinbrachen, da jauchzte der Genius in ihm auf; durch ihn errang das gedemütigte Heer den ersten Erfolg, seit Scharnhorsts Tode durfte sich niemand mehr mit ihm vergleichen. Und was war sein Lohn? Die Offiziere des Generalstabs, die den Zauber des Genies im täglichen Um- gang empfanden, wußten freilich wohl, was Deutschland an diesem Manne besaß; sie kamen sich vor wie in der verkehrten Welt, wenn sie diesen geborenen Herrscher mit dem Federhute in der Hand ehrerbietig neben dem Zaren stehen sahen. Aber wenn die Soldaten den alten Blücher mit donnerndem Hurra begrüßten, so bemerkten sie kaum den unbekannten General an der Seite des Feldmarschalls. Bülow hatte seinen Namen in die Tafeln der Geschichte eingetragen, von Gneisenau wußte sie nichts. Er glaubte älter zu sein, als alle Generale der Infanterie, und war noch immer Generalleutnant, hatte nie ein selbständiges Kommando geführt, trug weder den schwarzen Adlerorden noch das große eiserne Kreuz. 215