von dem Ideal, daß die Staaten der allgemeinen Abrüstung zu— eilten. Was lehrt denn aber die Geschichte unseres Jahrhunderts? Gerade das Gegenteil; die Rüstung wird immer stärker und schwe— rer, und diese Erscheinung zeigt sich in allen Staaten ohne Aus— nahme, kann also nicht auf einem Zufall beruhen. Es liegt eben ein radikaler Fehler in dieser ganzen liberalen Auffassung. Der Staat ist keine Akademie der Künste, noch weniger eine Börse; er ist Macht, und darum widerspricht er seinem Wesen, wenn er das Heer vernachlässigt. Auch hier haben die ganz eigentümlichen Verhältnisse Englands beirrend auf die Theorien des Kontinents eingewirkt. England ist militärisch in einer ganz abnormen Lage; es kann sich auf seine Flotte als nationale Waffe beschränken, braucht das Heer erst in zweiter Linie zu berücksichtigen, seit es auf Eroberungen auf dem Festlande verzichten gelernt hat. Das glorreichste und beste Heer, das England je besessen, waren die gottseligen Dragoner Oliver Cromwells, ein, was Technik und sittliche Zucht anlangt, bewun— derungswürdiges Heer; aber diese Truppen gehörten einer religiösen Sekte an, vertraten nur einen Teil der Nation. England wurde durch sie in eine Ordnung gezwungen, die nur dieser einen republi— kanischen Partei zusagte. Das Land war aber zu jener Zeit, wie bald darauf die Restauration gezeigt hat, noch monarchisch gesinnt. Aus jenen Erfahrungen der puritanischen Herrschaft stammen die Urteile der Engländer über das Heerwesen. Damals wurden die alten Freiheiten des Landes in der Tat geknechtet und geknetet durch einen beständigen Belagerungszustand, England lag der Armee zu Füßen. Croinwell konnte das Land nicht anders regieren als durch seine Generalmajore; das erste Geschäft der Restauration war die Auflösung dieser gottseligen Regimenter. Seitdem steht in England die Anschauung fest, daß das Heer ein Staatswerkzeug sei, das auch gegen den Willen der Nation gebraucht werden könne; und als nun eine zweite Revolution ein Schattenkönigtum von Parlamentes Gnaden einsetzte, da wurde noch unter Wilhelm III. die Meutereiakte eingeführt. Sie lautet 238