samer werden; das Spießrutenlaufen kommt auf, denn nur durch gräßliche Mißhandlungen ist eine so verworfene Bande in Ord— nung zu halten. So bürgerte sich begreiflicherweise wieder die Vorstellung ein, der Kriegsdienst sei eine Schande. Hier bleibt es Preußens Ruhm, daß es dem modernen Europa wieder die Rückkehr zu einer natürlichen und sittlicheren Auffas- sung eröffnet hat. Zwar muß der Versuch, den Gustav Adolf unternahm, ein Heer zu bilden, das für sein Vaterland und seinen Glauben kämpft, als eine historische Tat gepriesen werden, aber nach dem Tode des gewaltigen Nordlandshelden ist auch seine Schöpfung rasch wieder zerfallen. Erst König Friedrich Wil- helm I. hat dann im ersten Paragraphen seines Kantonreglements den Gedanken der allgemeinen Wehrpflicht wieder als einen poli- tischen Grundsatz seines Staates ausgesprochen: „Jeder preußische Untertan ist für die Waffen geboren.“ Die Waffenpflicht soll jedem Bürger als eine Ehrenpflicht gelten. Unwiderstehlich hat das Beispiel des deutschen Nationalheeres auf das übrige Europa gewirkt; alles, was man früher darüber spottete, hat sich als Täuschung erwiesen. Es war die Regel im Ausland, mit Achselzucken auf die preußischen Landwehren herab- zusehen und auf das preußische Kinderheer. Wie anders ist es gekommen. Deutlich hat sich gezeigt, daß im Kriege die morali- schen Faktoren schwerer wiegen als die technische Ausbildung; und es hat sich weiter gezeigt, daß mit der wachsenden technischen Er- fahrung der Kaserne eine sittliche Verwilderung Hand in Hand geht. Die alten Sergeanten Frankreichs sind den deutschen Truppen durchaus nicht, wie die Franzosen erwarteten, überlegen gewesen. Man darf es aussprechen: das Problem, die Kräfte der Nation militärisch zu erziehen und wirklich zu verwerten, ist zuerst in Deutsch- land in vollem Ernst in Angriff genommen worden. Wir besitzen in unserem Heere eine eigentümliche, notwendige Fortsetzung des Schulwesens. Für viele Menschen gibt es kein besseres Mittel der Erziehung; für sie ist das Drillen, der Zwang zu Sauberkeit und 248